Zeichnen als Weltsprache: 175 Jahre Albert Heim

Heute vor exakt 175 Jahren, am 12. April 1849, ist Prof. Albert Heim, Schweizer Geologe, Kartograf und Kynologe (um nur einige wenige Wirkungsfelder zu benennen), in Zürich zur Welt gekommen. Anlässlich dieses besonderen Datums widmen wir uns dem ersten kartografischen Werk von Albert Heim, das sich im Bestand der Kartensammlung der ETH-Bibliothek finden lässt. Es ist zugleich das erste Werk, das Heim in jungen Jahren veröffentlichen konnte.


Zu Albert Heim (Jacob Albert Heim, 1849 – 1937) wurde auf ETHeritage in den letzten Jahren in diversen Beiträgen schon einiges geschrieben, häufig mit Bezug zu seinem zentralen Forschungsgebiet, der Geologie, und zu seiner Leidenschaft für das Zeichnen. Aber auch weniger bekannte Einblicke in Heims Leben konnten auf ETHeritage schon gewonnen werden, bspw. zu seinem lyrischen Talent (Albert Heim: An die Zeit (1880-1882)), zur Geschichte seines Eispickels, seiner geologischen Lehrsammlung oder seinem Interesse an der Ballonfahrt, welche er gemeinsam mit dem Schweizer Luftfahrtpionier Eduard Spelterini (1852-1831) beim ersten Alpenüberflug ausleben konnte.

Das älteste kartografische Werk Heims im Bestand der Kartensammlung der ETH-Bibliothek ist zugleich auch Heims Erstlingswerk, das veröffentlicht und auch verkauft wurde. Es handelt sich um das Gebirgs-Panorama vom Zürichberg (Allmendscheune oberhalb dem Forster) aus dem Jahre 1866. Es lassen sich zwar einige handschriftliche Zeichnungen und Panoramenskizzen auch aus früheren Jahren im Bestand der Zentralbibliothek Zürich finden, das Gebirgspanorama von Zürichberg wurde aber als erstes Panorama 1866 in Stein gestochen, gedruckt und auch verkauft. Der Erlös daraus ermöglichte Heim dann weitere eigene Studien (Brockmann et al. 1952, S. 13).

Gebirgspanorama vom Zürichberg, Albert Heim, 1866

Abb. 1: Gebirgs-Panorama vom Zürichberg (Allmendscheune oberhalb dem Forster), 1866. ETH-Bibliothek Zürich, Rar K 318. https://doi.org/10.3931/e-rara-22045

Albert Heim galt schon in jungen Jahren als begeisterter und begnadeter Zeichner, als genauer Beobachter der Dinge. Mit 12 Jahren illustrierte Heim seine Hefte zur Naturgeschichte mit detaillierten Pflanzenzeichnungen, die ersten Panoramen erstellte er als Kantonsschüler mit 16 Jahren (Brockmann et al. 1952, S. 135), ein erstes Relief der Tödigruppe – welches dann der Auslöser für den prägenden Kontakt zu Arnold Escher von der Linth war – im Alter von 17 Jahren (Brockmann et al. 1952, S. 15). Schon dieses erste Gebirgspanorama mit einer Länge von 165cm zeugt von einem Detailgrad, welche auch spätere Werke Heims auszeichnen.

Ausschnitt Gebirgspanorama, Albert Heim, 1866

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Gebirgspanorama. Die Kirchen dienen als Orientierungspunkte, im Panorama sind die Bergspitzen detailliert beschriftet. ETH-Bibliothek Zürich, Rar K 318. https://doi.org/10.3931/e-rara-22045

Die Bergspitzen sind akribisch beschrieben, Erkennungsmerkmale im Gelände (insbesondere Kirchen) deutlich zu erkennen. Eine kolorierte Variante (als lavierte Federlithographie) desselben Panoramas ist auch im Bestand der Zentralbibliothek Zürich zu finden.

Ausschnitt Gebirgspanorama, Albert Heim, koloriert, 1866

Abb. 3: Derselbe Ausschnitt aus dem Gebirgspanorama, als lavierte Federlithographie. Zentralbibliothek Zürich, S Z Zürich Zürichberg III 25: 2. https://doi.org/10.3931/e-rara-22045

Die Arbeiten am und die Erlöse aus der Veröffentlichung des Gebirgspanoramas und anschliessend den Panoramen vom Mythen (1867) und vom Tritthorn (1868) bildeten die Grundlagen für weitere eigene Studien und die Wahl der Geologie als zentralem Forschungsgegenstand. 1867 begann Heim das Studium an der Universität Zürich und später am Polytechnikum, 1872 erfolgte die Wahl Heims zum Professor für technische und allgemeine Geologie am Polytechnikum, als Nachfolge für den verstorbenen Arnold Escher von der Linth, dessen Schüler Heim war.

Heim suchte im Rahmen seiner Lehrtätigkeit und Forschung gerne die wissenschaftliche Auseinandersetzung, sei dies für Theorien aus dem Bereich der Geologie (u.a. zur Kontraktionstheorie und der Glarner Doppelfalte), aber auch im Rahmen der Arbeiten am «Topografischen Altas der Schweiz», oder umgangssprachlich der Siegfriedkarte. Er kritisierte hier insbesondere die gängige Praxis der Nordwest-Beleuchtung topografischer Karten. Diese bezeichnet Heim als «verhängnisvollen Missgriff» (Brockmann et al. 1952, S. 143), da diese Darstellung das «Gegenteil der Wahrheit» vorspiegle (Schattenhänge werden beleuchtet, und umgekehrt). Dieser Widerspruch auf Karten empfand Heim auch bei seinen Ballonfahrten (vielleicht auch auf dem oben bereits erwähnten Alpenüberflug) als befremdlich. Ändern konnte Heim den geltenden Standard aber nicht mehr, dies hätte zu viel Aufwand und Kosten verursacht (siehe dazu auch den Artikel Eine Debatte über das Licht in der Karte von swisstopo).

Noch bis ins hohe Alter engagierte sich Heim in seinen Forschungsfeldern und publizierte Lehrmittel, Karten, Reliefs und Panoramen. Sein Hauptwerk bildet das umfassende Werk Geologie der Schweiz (1919-1922), welches nebst dem umfangreichem Wissen aus der 40jährigen Lehrtätigkeit – welche er im Jahr 1911 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste – und Expeditionen in die Gebirge auch detaillierte Skizzen, Profile und Karten aus dem Schaffen Heims beinhaltet. Ein Beispiel dazu ist die Tektonische Übersicht der Schweizer Alpen, welche Bestandteil von Band 2 der Geologie der Schweiz ist.

Tektonische Karte der Schweizer Alpen, Albert Heim, 1919

Abb. 4: “Tektonische Übersicht der Schweizer Alpen” aus der Geologie der Schweiz. Bd. 2, Taf. 26. ETH-Bibliothek Zürich, K 611087. https://doi.org/10.3931/e-rara-104707

Die möglichst realitätsnahe Abbildung der Wirklichkeit hat sich dabei wie eine rote Linie durch das Leben und Schaffen Heims gezogen. Von der ersten Versuchen in ganz jungen Jahren über die Bedeutung des Zeichnens, das er im Rahmen seiner Vorlesungen den Studierenden deutlich vermittelt hat, bis zu den Arbeiten im höheren Alter: Heim verstand Zeichnen als Weltsprache. Ein Gegenstand, eine Gebirgsstruktur sei nur dann verstanden, wenn beim Zeichnen keine Zweifel zurückbleibe (Brockmann et al. 1952, S. 133).

Nachlass

Zum Anlass des heutigen besonderen Datums ist auf e-rara.ch die Privatbibliothek von Prof. Albert Heim mit über 100 alten Drucken und Karten aus dem Nachlass Albert Heims publiziert worden. Weitere Teile seines Nachlasses sind an der Zentralbibliothek Zürich und der ETH Zürich (u.a. am Hochschularchiv und den Erdwissenschaftlichen Sammlungen) zu finden, in vielen Fällen wurden Werke und Objekte bereits digitalisiert und online zugänglich gemacht.

Literatur / Verweise

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