Gruppenbild mit Karawane – die Garde des Sultans Ibn Saud

Es ist wohl das grösste Gruppenporträt in der Sammlung des Bildarchivs. Rund fünfzig Männer stehen in Reih und Glied, zum Teil eng aneinander gedrängt, in der Wüste. Es handelt sich um die Leibgarde des Sultans Ibn Saud, die der Schweizer Geologe Arnold Heim am 28. April 1924 auf seiner Arabienreise fotografierte.

Koweit (Kuwait), Garde d. Sultans Ibn Saud

Arnold Heim: Koweit (Kuwait), Garde d. Sultans Ibn Saud, 28.04.1924 (Hs_0494b-0019-095-AL)

[…] im Auftrag des Londoner Eastern & General Syndicate [leitete Arnold Heim (1882-1965)] eine 60köpfige Expedition, die der Öl- und Wassersuche in den geologisch noch wenig erforschten Regionen Kuwait, al-Hasa (im heutigen Saudi-Arabien) und Bahrain in Nordostarabien diente. Nach zweimonatiger Suche unter widrigen Klimabedingungen und in schlechtem Gesundheitszustand war er vom Misserfolg künftiger Ölbohrungen und demgegenüber vom Erfolg künftiger Wasserbohrungen an einigen Stellen in diesem Raum überzeugt. Aus Ergebnissen seiner freiwilligen Wassersuche in Bahrain wurde binnen kurzem grosser praktischer Nutzen gezogen. Eine von ihm während eines Jahrzehnts angestrebte zweite geologische Exploration in Arabien kam nicht zustande, und die Arabienreise von 1924 geriet – trotz Heims vielfacher publizistischer Verwertung eines Teils seines Forschungsmaterials – schnell in Vergessenheit (Philipp, S. 43).

Abd al-Aziz ibn Saud (1875-1953) entstammte der saudischen Dynastie und war von 1932 bis 1953 König von Saudi-Arabien. Bei der von Arnold Heim fotografierten Garde handelt es sich um die von Ibn Saud für die Expedition zur Verfügung gestellte bewaffnete Begleitmannschaft sowie um beduinische Kameltreiber aus der Region (vgl. Philipp, S. 55). Am Morgen des Aufbruchs schreibt Arnold Heim in sein Tagebuch:

28.4.[19] 24 Karawane ab Koweit [Kuweit]

Ausser gehässigem Hundegebell der Beduinen ringsum herrliche Ruhe, bis es ungemütlich kühl wird unter meiner leichten Koweiter Baumwolldecke. T[emperatur] 18° C! (8° tiefer als im Hause in Koweit) und die Kamele zu knurren beginnen. Ein abscheuliches Brüllen ist es, an die Töne eines Seekranken erinnernd. […] Noch in kalter Nacht beginnt die Mannschaft in Reih und Glied das Morgengebet. Dann mit dem ersten Morgenrot rufe ich meinen Dolmetscher Albert (mit P. getauscht), und lasse unseren Führer, den famosen alten Fahad Ibn Eyssa (Ibn=son) von Riad (Nejd) herrufen, ebenso den Captain der Sultangarde Muhammed Ibn Mohaidif von Riad. Und nun lasse ich jeden ihrer Männer der Reihe nach vortreten: esh ismete [?] (wie heissest Du?) und notiere einen jeden bis zum letzten […] (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv,Tagebuch Arnold Heim “Arabia, 1924”, Hs494, S. 74).

Arnold Heim hat zwei weitere Bilder der Wachen von Ibn Saud aufgenommen. Hier kann man sie aus der Nähe betrachten.

Garde des Sultans Ibn Saud's, Koweit (Kuwait)

Arnold Heim, Garde des Sultans Ibn Saud’s, Koweit (Kuwait), 23.04.1924 (Dia_008-084)

Endlich, am Morgen des 28. April, setzte sich die unweit der Stadt Kuwait lagernde Karawane mit ihren 60 Personen und bald 100 Reit- und Lastkamelen in südlicher Richtung in Marsch. Die Zielpunkte der nun folgenden 25-50 km weiten Tagesreisen waren die wenigen Ölfundstellen und Erhebungen in der vorwiegend wüstenhaften und ebenen Landschaft Nordostarabiens (Philipp, S. 55).

Trotz der körperlichen Strapazen ist Heim von der Karawane fasziniert: “Ein riesiger Organismus, ein kleiner Feldzug, muss da in Bewegung gesetzt werden, und alles muss ins Klappen kommen (Tagebuch Arnold Heim Arabia, 1924, Hs494, S. 75)”. Die Ölsuche blieb letztlich weitgehend erfolglos. So schreibt Hans Jürgen Philipp über die Rezeption von Heims Forschungsreise und deren Ergebnisse:

Zu Exploration, Aufschliessung, Förderung, Aufbereitung, Lagerung, Transport, Verarbeitung und Vermarktung der natürlichen Vorkommen Arabiens – insonderheit seines Erdöls – liegen aus den letzten 50 Jahren wenigstens Hunderte von Veröffentlichungen vor. In dieser Literatur findet sich Heims Arabienreise mit ihren Forschungsergebnissen und ihrer Verwertung auf eine höchst verwunderliche Weise rezipiert, nämlich weitgehend übergangen und verfälscht. Beachtung gefunden haben bislang nur einzelne Ergebnisse und Folgen seiner erfolglosen Ölsuche. Reiseverlauf und erfolgreiche Wassersuche sind nicht nur nicht gewürdigt, sondern völlig übergangen worden oder einfach unbekannt geblieben […] (S. 69).

Arnold Heim liess sich von den Misserfolgen seiner Arabienreise nicht entmutigen.

[Er wahrte] über Jahrzehnte ein starkes Interesse sowohl an eigener geologischer Arbeit als auch an der Öl- und Wasserentwicklung in Arabien. 1926, 1929, 1931, 1933 und 1934 suchte er über private und offizielle Kanäle brieflich wieder in Verbindung mit Ibn Saud zu treten, um ein zweites Mal Zutritt zu dessen Herrschaftsgebiet zu erlangen. Im Mai 1926 und Mai 1929 bewogen ihn die Bahrainer Erfolge, Ibn Saud ähnliche Wassersuchen und -bohrungen in verschiedenen Landesteilen vorzuschlagen (Philipp, S. 65).

Literatur:

Pfullmann, Uwe. Ibn Saud : König zwischen Tradition und Fortschritt. Berlin: edition ost, 1999.

Philipp, Hans Jürgen: «Arnold Heims erfolglose Erdölsuche und erfolgreiche Wassersuche 1924 im nordöstlichen Arabien», in: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1983) 128/1: S. 43-73.

Heim, Arnold, Ins Reich der Wahhabiten 1924. Schweizer Illustrierte Zeitung 13 (52).

 

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