Bekannt ist Maggi bis heute für die sogenannte Maggi Suppenwürze und das unverkennbare gelb-rote Logo, das noch immer die Produkte ziert. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts war sich Maggi bewusst, wie effektiv Produktwerbung durch Sponsoring sein kann. Drei Schweizer Grössen, Alfred de Quervain, Arnold Heim und Albert Einstein waren regelrechte Maggi-Influencer avant la lettre!
Julius Maggi erfand 1886 die ersten kochfertigen Suppen aus Erbsen- und Bohnenmehlen sowie die heute weltweit verbreitete und bekannte «Maggi’s Suppenwürze». Die kochfertigen Suppen und die Suppenwürze wurden im Kemptthal hergestellt und zuerst in der gesamten Schweiz vertrieben. Im selben Jahr gründete Maggi eine firmeneigene Werbungsabteilung.
Die Maggi Suppenfabrik im Kemptthal (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Bärtschi, Hans-Peter; Unbekannt / SIK_01-010178 / CC BY-SA 4.0)
Schon ein Jahr später eröffnete Julius Maggi in Singen (Deutschland) eine deutsche Niederlassung. Bald darauf wurden weitere Niederlassungen in ganz Europa eröffnet. 1889 erfolgte die Überführung in eine Aktiengesellschaft, 1908 kam der berühmte Brühwürfel auf den Markt. Neben Werbung mit Slogans auf Plakaten und in Zeitschriften, war Maggi auch dazu aufgeschlossen, «reichweitestarken» Persönlichkeiten unentgeltlich ihre Produkte zur Verfügung zu stellen.
Maggi und Alfred de Quervain
Maggi unterstützte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschiedene Forschungsexpeditionen, unter anderem die Schweizerische Grönland-Expedition von 1912. Teil davon war auch Alfred de Quervain, Direktor-Adjunkt der Meteorologischen Zentralanstalt sowie Titularprofessor an der Universität Zürich und an der ETH Zürich. Bekanntheit erlangte de Quervain hingegen insbesondere durch seine Grönland-Expeditionen 1909 und 1912.
Mediale Berichterstattungen wie die publizierten Reiseberichte in der Neuen Zürcher Zeitung über seine «heldenhafte» Reise zum Nordpol führten dazu, dass er für die zweite Expedition 1912 Sachsponsoren wie Maggi’s Nahrungsmittel für sich gewinnen konnte. Daraus erhoffte sich Maggi wiederum ihre Gewinnmargen zu steigern. Jene Sponsorings wurden von de Quervain benötigt, weil der Schweizer Staat Expeditionen in die grönländische Arktis nicht finanziell unterstützte.
Eine Aufnahme der Grönlandexpedition 1912 durch Alfred de Quervain (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Quervain, Alfred de / Dia_297-0066 / Public Domain Mark)
So heisst es im Brief an Alfred de Quervain vom 20. Januar 1912:
«Wie wir der N.Z.Z. entnehmen, beabsichtigen Sie kommendes Frühjahr wieder eine Expedition nach Grönland zu unternehmen. Sofern Sie wünschen, sich auch für dieses Unternehmen wieder mit Maggi’s Produkten zu verproviantieren, bedarf es nur eines Winkes von Ihnen, dass wir Sie mit dem nötigen Vorrat versehen.» (1511_prov.Sig.in.4.2.3._160)
Zwei Wochen später sandte ihm Maggi einen weiteren Brief und zusätzlich wurden 1 Suppensorten-Verzeichnis, 1 Bouillonwürfel-Prospekt, 1 Würze-Prospekt und 1 Mehl-Prospekt mitgesandt. Für seine Expedition erhielt de Quervain unter anderem 50 Rationen Suppen in «neue[n], hermetisch verschliessbare[n] Export-Verpackung[en]».
Maggi und Arnold Heim
Aber nicht nur Alfred de Quervain wurde mit einem Sachsponsoring unterstützt. 20 Jahre später bat Arnold Heim in einem Brief an die Aktiengesellschaft Alimentana (früher: Allgemeine Maggi-Gesellschaft) um eine finanzielle Spende für seine geplante Himalaya-Reise. Arnold Heim war ein Schweizer Geologe und Privatdozent an der ETH Zürich. 1909 nahm er an einer Grönland-Expedition teil, wo er per Zufall auf Alfred de Quervain traf. 1926 flog er mit Walter Mittelholzer nach Südafrika (sog. Afrika-Flug) und 1936 führte er mit Augusto Gansser die erste Schweizer Himalaya-Expedition durch.
Augusto Gansser (links) und Arnold Heim im Schlafsack bei der Himalaya-Expedition 1936 (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Heim, Arnold / Dia_021-084 / CC BY-SA 4.0)
Sein Anfragen wurde wie folgt beantwortet:
«Sie sind, glaube ich, auf mich verfallen, weil es Ihnen zur Kenntnis gekommen ist, dass die Aktiengesellschaft Alimentana (früher Allgemeine Maggi-Gesellschaft) gelegentlich grössere Beträge für wissenschaftliche Zwecke ausgeworfen hat. Nun handelte es sich früher um die Förderung der wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiete der Volksgesundheit und um die Aeuffnung (sic!) des Betriebsfonds der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, also in allen Fällen um Zuwendungen an Institutionen, die mehr oder weniger enge Zusammenhänge mit unserer Unternehmung aufweisen. Letzteres trifft aber auf die von Ihnen beabsichtige Exkursion nicht zu und ich wüsste schon deswegen nicht, wie ich einen Antrag auf Ausrichtung einer Subvention begründen müsste. Dazu kommt, dass sich seither die wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend geändert haben. […] Aus dem Schosse des Verwaltungsrates würden, des bin ich sicher, heute Bedenken gegen eine Beitragsleistung an Ihre Expedition erhoben und die Aktionäre würden ihr kaum mehr Sympathie entgegenbringen. […] Falls Sie die beabsichtigte oder andere Forschungsreisen verwirklichen und wir Ihnen hiebei mit Maggi-Produkten irgendwie nützlich sein könnten, so würden wir sie Ihnen jeweils mit Vergnügen, selbstverständlich unentgeltlich, zur Verfügung stellen.» (Hs 494a:13.9)
Das Sachsponsoring nahm Arnold Heim dankend an und bat darum, den Proviant in einer «Tropenpackung» an ihn zu verschicken.
Maggi und Albert Einstein
Der Einstein-Biograf Carl Seelig bat im November 1952 bei der «Fabrik von Maggi’s Nahrungsmitteln» um eine Geschenksendung ausgewählter Maggi-Suppen für Albert Einstein, der seit 1932 in Princeton weilte. Für den damals schon weltberühmten Einstein brauchte es keine Überzeugungsarbeit, im Gegenteil drängte Maggi auf eine rasche Antwort von Seelig, damit die Lieferung noch vor Weihnachten bei Einstein in den USA ankommen würde.
«Wir sind recht gern bereit, Ihre Geschenksendung für Herrn Professor Albert Einstein entweder ab Kempttal zu übernehmen oder Ihnen die Sendung exportfähig zu verpacken […] Mit Interesse haben wir von Ihnen vernommen, dass Herr Professor Einstein ein grosser Suppen-Liebhaber ist, und wir dürften aus Ihrem Wunsche schliessen, dass er auch ein Freund unserer Produkte ist. Das freut uns natürlich sehr. Wir bitten Sie um baldigen Bericht, ob wir diese Sendung so zusammenstellen sollen […]. Wenn die Sendung auf Weihnachten im Besitze des Empfängers sein soll, dann muss die Spedition allerspätestens am 10. Dezember erfolgen.» (Hs 304:807)
Eine Maggi-Lieferung erhielt Albert Einstein ganze drei Mal von Carl Seelig: 1952, 1953 und 1954.
Eine Aufnahme Albert Einstein’s in Princenton, New Jersey, USA (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Unbekannt / Portr_03068 / CC BY-SA 4.0)
Dass sich mit berühmten Gesichtern Produktwerbung betreiben lässt, war schon Maggi vor über hundert Jahren bewusst. Starphysiker Albert Einstein und die beiden «Reise-Influencer» Alfred de Quervain und Arnold Heim boten sich dabei als ideale Werbeträger bzw. «Brand Ambassadors» an.
Die hier gezeigten Dokumente sowie viele weitere aus den Nachlässen von Arnold Heim und Alfred de Quervain befinden sich im Hochschularchiv. Eine Auswahl an Dokumenten rund um Albert Einstein befindet sich digitalisiert auf Einstein-Online der ETH-Bibliothek.
Spannendes Thema, gut geschrieben, klar und verständlich auf den Punkt gebracht.
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