Oppenheimer über sein erstes Treffen mit Einstein

In Christopher Nolans Film Oppenheimer über den “Vater der Atombombe” spielt die Figur Albert Einsteins eine wichtige Nebenrolle. Gleich mehrfach und an entscheidenden Stellen des Films sucht J. Robert Oppenheimer den Rat von und den Austausch mit Albert Einstein. Nur über die erste Begegnung zwischen den beiden erzählt der Film nichts. Das spätere Verhältnis zwischen den beiden Physikern charakterisiert Nolan in seinem Film als respektvoll aber auch als geprägt von unterschiedlichen politischen Standpunkten und Einflussmöglichkeiten sowie von einem Generationenunterschied in ihrer jeweiligen Forschung. Dabei stützt er seine Darstellung der respektvollen Distanziertheit zwischen Oppenheimer und Einstein auf die 2005 erschienene Biografie American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer von Kai Bird und Martin J. Sherwin.

Im Hochschularchiv der ETH Zürich befindet sich ein Schreiben Robert Oppenheimers, das in seiner Knappheit diesen Eindruck des Verhältnisses zwischen Oppenheimer und Einstein durchaus bestätigt. Oppenheimer beantwortet am 7. September 1955 eine Anfrage des Einstein Biografen Carl Seelig zu den ersten Treffen zwischen den beiden Physikern mit folgenden Zeilen:

Brief von Robert Oppenheimer an Carl Seelig, 7.9.1955 (Hochschularchiv der ETH Zürich, Hs 304:916

Brief von Robert Oppenheimer an Carl Seelig, 7.9.1955 (Hochschularchiv der ETH Zürich, Hs 304:916)

Spärlicher hätten die Angaben Oppenheimers kaum ausfallen können. Im Wesentlichen beschränkt er sich auf die Bestätigung des Datums des ersten Zusammentreffens mit Einstein im Jahr 1930 am California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, über das Carl Seelig offenbar von Helen Dukas, Einsteins langjähriger Sekretärin, unterrichtet worden war. Dann noch ein kurzer Satz über einen Besuch Oppenheimers bei Einstein in Princeton zu Beginn der 1930er-Jahre, aber interessanterweise kein Versuch, dem Biografen eine Einschätzung oder Details mitzugeben, die dieser hätte aufgreifen und wiedergeben können. Entsprechend nüchtern behandelt Carl Seelig in seiner Einstein-Biografie denn auch das erste Zusammentreffen zwischen Albert Einstein und Robert Oppenheimer in einem Nebensatz:

“Im nächsten Jahrzehnt ist Einstein noch wiederholt nach den Vereinigten Staaten gefahren, um Vorlesungen zu halten und sich ein Bild von der Neuen Welt zu machen, so 1930, wobei die sechswöchige Fahrt durch den Panamakanal ging; […]. Bei einer Besichtigung des Mount-Wilson-Observatoriums bei Pasadena, wo er erstmals dem Atomphysiker Robert Oppenheimer begegnete, besah er sich lange das einen Durchmesser von zweieinhalb Meter besitzende Spiegelteleskop.” (Carl Seelig, Albert Einstein, erw. Neuaufl. von 1960, S. 291)

Anders als etwa beim ersten Aufeinandertreffen zwischen Oppenheimer und Werner Heisenberg verzichtet Nolan in seinem Film gänzlich auf die Darstellung einer bedeutungsvoll aufgeladenen ersten Begegnung zwischen Oppenheimer und Einstein. Und dies wohl vollkommen zurecht.

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