Wilhelm Conrad Röntgens unheimliche Bilder

Vor bald hundert Jahren am 10. Februar 1923 verstarb der Erfinder der nach ihm benannten Strahlen Wilhelm Conrad Röntgen im Alter von 77 Jahren in München. Röntgens Entdeckung revolutionierte nicht nur die medizinische Diagnostik, sondern ermöglichte auch weitere bahnbrechende wissenschaftliche Leistungen des 20. Jahrhunderts.

Im Bestand des Bildarchivs finden sich mit der Suche “Röntgen” abgesehen von einigen Porträts des Physikers auch einige Röntgenbilder. Eines der schönsten und zugleich unheimlichsten ist wohl dasjenige, welches der Professor für Phoniatrie an der Universität Zürich Richard Caspar Luchsinger (1900-1993) am 25.08.1953 durch das Photographische Institut der ETH-Zürich herstellen liess.

Röntgenaufnahme

Photographisches Institut der ETH Zürich: Röntgenaufnahme, 25.08.1953 (PI_53-RH-0114)

Richard Luchsinger spielte als Forscher auf dem Gebiet der Phoniatrie und der Stimmphysiologie eine führende Rolle und veröffentlichte zahlreiche massgebende Arbeiten auf dem Gebiet der Sprach- und Stimmheilkunde. Für die photographische Wiedergabe von Stimmlippen und Kehlkopf entwickelte er teilweise in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich raffinierte Geräte.

Das obige Röntgenbild zeigt rechts den Schädel von Luchsingers Ehefrau. Mit einer Hand drückt sie den Unterkiefer nach unten, während Luchsinger ihr einen Spiegel in den Rachen hält. An der Stirn des Arztes ist eine Stirnlampe zu erkennen, welche über den Spiegel den Stimmapparat beleuchtet.

Aufnahme von Spiegelung

Photographisches Institut der ETH Zürich: Aufnahme von Spiegelung, 07.12.1953 (PI_53-RH-0204)

Röntgenbilder sind unheimlich, weil sie unsichtbares sichtbar machen, im Fall des Ehepaars Luchsinger die Hände und den Schädel. Wie Vera Dünkel schreibt, werden mit dem Anblick von Knochen gemeinhin Ikonografien des Todes assoziiert (Dünkel, S. 29).

Literatur:

Dünkel, Vera. Röntgenblick und Schattenbild : Genese und Ästhetik einer neuen Art von Bildern. Emsdetten/Berlin: Edition Imorde, 2016.

Luchsinger, Richard, Gottfried E. Arnold. Lehrbuch der Stimm- und Sprachheilkunde. 2nd ed. 1959. Vienna: Springer Vienna, 1959.

Ritzmann, Kurt, and Wilhelm Conrad Röntgen. Wilhelm Conrad Röntgen und die Schweiz : ein Beitrag zur Biographie des Entdeckers der nach ihm benannten Strahlen. Remscheid: Deutsches Röntgen-Museum, 2001.

Felix Trojan (Hrsg.): Richard Luchsinger zum 60. Geburtstag. Karger, Basel 1960.

Links:

Artikel über Wilhelm Conrad Röntgen in Wikipedia (zuletzt besucht am 7.11.2022)

Artikel zu Richard Luchsinger auf Wikipedia (zuletzt besucht am 7.11.2022)

Christian John Huber: Die Aufnahme Wilhelm Conrad Röntgens an das Eidgenössische Polytechnikum

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