Die Zucker-Plantagenwirtschaft auf Java

Während Zucker in Europa ab dem 15. Jahrhundert zuerst als Luxusware galt, führte die erhöhte Zuckerproduktion und die damit einhergehende Senkung des Zuckerpreises dazu, dass er bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts von der Unterschicht im Kochalltag verwendet wurde. Entsprechend der erhöhten Verwendung musste die Herstellung von Zucker stetig gesteigert werden – in Europa, aber auch in den Kolonien. Hierzu benötigte es technische, aber auch landwirtschaftliche Neuerungen. Versuchsstationen in den Kolonien untersuchten u. a. die chemische Bodenzusammensetzung, die Entwicklungsstadien des Zuckerrohrs oder studierten technische Fragen rund um landwirtschaftliche Instrumente, um die Produktion steigern zu können. Auch Carl Schröter besuchte eine solche Versuchsstation in Java.

Doch wie kam das Zuckerrohr auf das heutige Gebiet Indonesiens? Chinesische Agrarunternehmer führten die Produktion von Rohrzucker vermutlich schon im 13. Jahrhundert ein. Aus verschiedenen Teilen des indonesischen Archipels wurde der Zucker nach Bantam (Westjava), dem damaligen Marktplatz Südostasiens, gebracht, wo er dann verkauft wurde. Als sich dann die Niederländisch-Ostindische Kompanie (niederländisch: Vereenigde Oostindische Compagnie, auch VOC genannt) im 17. Jahrhundert in Westjava ausbreitete und dort auf chinesische Zuckerproduktion stiess, hatte sie erst damit begonnen, eine Schlüsselrolle im europäischen Zuckerhandel zu spielen. Die VOC war bestrebt, sowohl den asiatischen als auch den europäischen Markt mit Zucker zu versorgen, weshalb sie anfing mit den chinesischen Unternehmern zusammenzuarbeiten.

Nachdem die VOC 1799 aufgelöst wurde, übernahm der Staat Niederlande die Kolonie und damit den Ausbau der Zuckerrohrplantagen. Die koloniale Intervention machte den industriell hergestellten Java-Zucker für den europäischen und asiatischen Markt wettbewerbsfähig. Während sich die ersten Versuche darauf konzentrierten, die Effizienz mit mechanischen Prozessen auf den Feldern zu verbessern, wurde die gesteigerte Produktion von Zucker zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit ertragreicheren Sorten und mithilfe des Einsatzes von Dünger erzielt. Insbesondere die Weltzuckerkrise von 1884 sowie der Ausbruch der Sereh-Krankheit bei Zuckerrohrpflanzen beschleunigte und professionalisierte die landwirtschaftliche Forschung in Java. Die nun in ganz Java verbreiteten Zuckerfabriken errichteten Mitte der 1880er Jahre unter anderem die ersten Versuchsstationen für Zucker.

Carl Schröter (Professor für spezielle Botanik an der ETH Zürich von 1883 bis 1926) besuchte 1927 eben eine solche Versuchsstation. Dort war er vier Wochen zu Gast bei der «Proefstation voor Javasuikerindustrie» in Pasoeroean in Ostjava (heute: Pasuruan). In seinen Exkursions- und Reiseberichten, die sich in seinem Nachlass (Hs 398) im Hochschularchiv der ETH Zürich befinden, beschreibt er seine Ausflüge im Detail. Seine Erfahrungen publizierte er zudem 1929 im Artikel «Ein Besuch einer Zuckerplantage Javas». Gemäss Schröter wurde die «weltberühmte» Musterstation von 167 Zucker-Unternehmungen unterhalten. Weiter schreibt er:

«Die Station hat in der Bekämpfung von Schädlingen, Verbesserung der Kulturmethoden, in Bodenuntersuchungen, Analysen des Produkts, Studium der Unkräuter und der zur Gründüngung verwendeten Pflanzen und namentlich in Züchtung neuer Zuckerrohrsorten Ausserordentliches geleistet.»

(Carl Schröter: Ein Besuch einer Zuckerplantage Javas, 1929, S. 1)

Gemäss Schröter «[…] bepflanzt [die Unternehmung] im ganzen 6300 Hektar mit Zuckerrohr für Zucker und zur Gewinnung von ‘Bibits’, den zur Vermehrung ausschliesslich gebrauchten Halmstücken» (Schröter 1929, S. 4). Im vierten und letzten Kapitel schildert er schliesslich den Betrieb der Versuchsstation «in seiner ganzen Reihenfolge, von der ersten Bearbeitung des Bodens bis zur exportfähigen Ware» (Schröter 1929, S. 6). Seine Beschreibungen illustriert er mit Fotografien, die sich auch im Bildarchiv der ETH Zürich befinden.

Zuckerrohr, Das Auslegen von Bibits, Rohrstücke von Zuckerrohr

Zuckerrohr, Das Auslegen von Bibits, Rohrstücke von Zuckerrohr (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Unbekannt / Dia_249-ST-119 / Public Domain Mark)

Zuckerrohr, Reifes Zuckerrohr, Java

Reifes Zuckerrohr, Java (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Unbekannt / Dia_249-ST-127 / Public Domain Mark)

Zuckerrohr-Verarbeitung, Laufbahn nach den Zuckermühlen

Zuckerrohr-Verarbeitung, Laufbahn nach den Zuckermühlen (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Unbekannt / Dia_249-ST-147 / Public Domain Mark)

Es war nicht die erste Reise von Carl Schröter nach Holländisch-Ostindien (heutiges Indonesien). Bereits 1898/1899 brachte ihn seine Weltreise dorthin. In Exkursions- und Reiseberichten, in seinen botanischen Feldbüchern sowie in seinen zahlreichen Fotografien hielt er in erstaunlicher Detailliertheit die sich verändernde Pflanzenwelt des indonesischen Archipels fest. Schröters Bestand liefert damit einen Blick in die Geschichte der kolonialen Plantagenwirtschaft Indonesiens zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Jene Plantagenwirtschaft, die den Weg für den heute grössten Exporteur von Palmöl, vorbereitet hat.

Weiterführende Literatur

Bosma, Ulbe: The Sugar Plantation in India and Indonesia: Industrial Production, 1770-2010, New York 2013.

ETH Zürich: Carl Schröter (1855-1939), URL: https://library.ethz.ch/standorte-und-medien/plattformen/kurzportraets/carl-schroeter-1855-1939.html (zuletzt: 01.06.2023).

Schröter, Carl: Ein Besuch einer Zuckerplantage Javas, 1929.

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