Als der Psychiater Carl Gustav Jung am 6. Juni 1961 verstarb, ging diese Information sehr schnell um die Welt. Jedoch die Wenigsten wissen, dass bereits 15 Jahre vor dem Tod von C.G. Jung im Jahr 1961 über diesen berichtet wurde.
(ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Unbekannt / Portr_14163 / Public Domain Mark)
Am 17. Juli 1946 schickte C.G. Jung das Dementi seines frühzeitigen Ablebens an Joshua Allen Gilbert. Einer von Gilberts Studenten hatte diesem zuvor mitgeteilt, in der Zeitung gelesen haben, dass der Zürcher Psychiater verstorben sei.
Dear Dr. Jung: –
A most peculiar train of circumsyances [sic!] has occurred. Several weeks ago one of my students stopped after class and told me that he had seen notice of your death in the oregonian. I had referred to you in my lecture. Naturally, I was shocked to get the news. Imagine my surprise on coming home last night to find your letter of May 20th in my mail.
(ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv, Brief von J. Allen Gilbert an Carl Gustav Jung (1875-1961), Hs 1056:12453)
Gilbert führt weiterhin aus, dass er zwar grundsätzlich darauf hofft, dass sein Brief Jung in guter Gesundheit erreiche, es aber durchaus möglich wäre, dass Jung nach dem Verfassen seines letzten Briefs an Gilbert verstorben wäre, so dass er sich über ein Lebenszeichen freuen würde:
So, it is possible that you may have died since writing my letter. It had occurred to me before starting to read your letter to the class. So, it may be possible that I am writing to a dead man. Horrors! I hope not. […]
However, I would appreciate it very gratefully if you would merely acknowledge receipt of this letter so as to remove the doubt surrounding your reported death. I recognize that there would have been time for you to have died between the writing of this letter and the report of your death. I would forward postage for your reply but that is out of the question. I shall, of course, hope that you are in good health.
(ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv, Brief von J. Allen Gilbert an Carl Gustav Jung (1875-1961), Hs 1056:12453)
Am 17. Juli folgt dann die Antwort von Jung:
Just in order to prove to you that I’m “still going strong” I send you this letter, so that you can show it to your pupils and prove to them that I’m still functioning. I’m even reasonably well, just preparing a lecture for the next Eranos meeting.
(ETH-Bibliothek Zürich, Hochschularchiv, Brief von Carl Gustav Jung (1875-1961) an J. Allen Gilbert, Hs 1056:13088)
Dieses «still going strong» dauerte noch lange an, bis er schliesslich am 6. Juni 1961 mit 85 Jahren in seinem Haus in Küsnacht verstarb. Bereits im Februar 1960 hatte er eine Embolie erlitten, die seine Gesundheit beeinträchtigte und zur Folge hatte, dass sein 85. Geburtstag nicht – wie sonst üblich – im grossen Rahmen gefeiert werden konnte. Er hatte fortan mit gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen, plante jedoch weiterhin Reisen, bis sein Arzt ihm schliesslich im März 1961 «four weeks of imprisonment at home» (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, Brief von Carl Gustav Jung (1875-1961) an Cary F. Baynes, Hs 1056:28614) verordnete. Ein geplanter Besuch bei Cary Baynes in Lugano, musste entsprechend abgesagt werden. Eine gute Entscheidung, denn Ende des Monats erlitt Jung mehrere kleinere Infarkte erlitt, die ihn während einer Reise hätten das Leben kosten können.
Trotz dieser gesundheitlicher Einschränkungen arbeitete Jung auch weiterhin an Publikationen. Er sah jedoch bereits Ende April 1961 ein, dass es wahrscheinlich mit ihm zu Ende ging. Er hatte mehrere Träume, welche die Symbolik von Einheit und Ganzheit vorkamen, die er in seinen Erinnerungen, Träume, Gedanken als ein Teil des Tod beschrieben hatte:
«Unter einem anderen Gesichtspunkt aber erscheint der Tod als ein freudiges Geschehen. Sub specie aeternitatis ist er eine Hochzeit, ein Mysterium Coniunctionis. Die Seele erreicht sozusagen die ihr fehlende Hälfte, sie erlangt Ganzheit.»
(Carl Gustav Jung: Erinnerungen, Träume, Gedanken. 11. Auflage. Olten, 1981, S. 311)
Nachdem der Psychologe im Mai mehrere Tage im Krankenhaus verbrachte, wo er eingehend untersucht wurde, kehrte er in sein Haus in Küsnacht zurück. Bald konnte er nicht mehr aus dem oberen Stock, in dem sich sein Zimmer befand, ins Erdgeschoss herunter gehen. Am 17. Mai erlitt er erneut eine Embolie, die dieses Mal sein Sprachvermögen beeinflusste. Zwar erlangte er dieses grösstenteils wieder, die Kommunikationsprobleme deprimierten ihn jedoch sehr. Nach einer weiteren gesundheitlichen Verschlechterung am 30. Mai verliess Carl Gustav Jung sein Zimmer nicht mehr, erlitt kurz darauf einen weiteren Schlaganfall und verbrachte seine Tage mehrheitlich in Gesellschaft seiner ebenfalls physisch angeschlagenen Tochter Marianne, die ihm Gesellschaft leisten wollte. Einen Tag vor seinem Tod erlangte Jung noch einmal Bewusstsein und konnte sich so noch einmal mit seinen engsten Freunden und seiner Familie auszutauschen. Er verstarb schliesslich am 6. Juni um 16.30 Uhr.
Bild des Grab der Familie Jung auf dem Friedhof Küsnacht Dorf
(Tumba Jung II, Ydubini, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)
Carl Gustav Jungs Trauergottesdienst wurde am 9. Juni 1961 in der kleinen reformierten Kirche von Küsnacht abgehalten. Danach wurde er auf dem Friedhof Küsnacht Dorf beigesetzt. Seinen Grabstein hatte Jung noch zu Lebzeiten mit seinem Sohn Franz zusammen entworfen. Auf der schlichten Steinplatte findet sich die Aufschrift «Vocatus atque non vocatus deus aderit» (deutsch: «Gerufen oder nicht gerufen, Gott wird da sein»), die Jung auch über seinen Hauseingang hatte eingravieren lassen. In einem Brief an den Engländer Eugene M. E. Rolfe von 1960 über sein Lebensmotto schieb Jung dazu: «Ja, der Gott wird zur Stelle sein, aber in welcher Gestalt und in welcher Absicht?» Damit beginne ein bedeutender Weg zu Gott selbst und dies scheine die letzte Frage an sich zu sein.
(Carl Gustav Jung: Briefe III 1956-1961. 2. Auflage. 1980, Olten, S. 360)
Weiterführende Literatur:
Jung, Carl Gustav: Briefe I-III. Verschiedene Auflagen. 1973, Olten.
Jung, Carl Gustav: Gesammelte Werke. Verschiedene Auflagen. 1958, Olten.
Jung, Carl Gustav: Erinnerungen, Träume, Gedanken. 11. Auflage. Olten, 1981.