Der Meret-Oppenheim-Brunnen in Bern

Zum 110. Geburtstag der Schweizer Künstlerin und Dichterin Meret Oppenheim, die am 6. Oktober 1913 in Berlin geboren wurde, besuchen wir eines ihrer bekanntesten Kunstwerke, den Meret-Oppenheim-Brunnen in Bern.

Nicht nur die St. Galler erlebten in den 1980er-Jahren dank Roman Signer eine heftige Brunnendebatte, auch die Berner erhielten 1983 mit dem Brunnen von Meret Oppenheim ein Objekt, das die öffentliche Meinung spaltete.

Bern, Meret-Oppenheim-Brunnen, Waisenhausplatz

Comet Photo AG: Bern, Meret-Oppenheim-Brunnen, Waisenhausplatz, undatierte Aufnahme aus den 1980er Jahren (Com_LC0614-012-002)

Als Symbol des Wachsens und des Lebens besteht er aus einer hohen Betonsäule, an der spiralförmig Wasser herunterfliesst. Waren die blechernen Wasserrinnen zunächst kahl, so haben sich darin inzwischen – von der Künstlerin so gewollt – Moospolster, Pflanzen und Gräser angesiedelt, und im Winter bilden sich daran lange Eiszapfen (Wikipedia).

 Wikimedia_Oppenheimbrunnen

Meret-Oppenheim-Brunnen, Mai 2005, Wikimedia Commons

Doch genau diese Veränderungen erregten den Unmut der Berner Bevölkerung. Im Jahr 2013 waren die Tuffsteinablagerungen so weit fortgeschritten, dass die ursprüngliche Form des Brunnens darunter verschwand und seine Stabilität gefährdet war. “Ablehnung, ja in blankem Hass kumulierende Empörung dominierte die Auseinandersetzung um den ausgeführten Brunnen zu Lebzeiten der Künstlerin […] Die Vernunftargumente ihrer Künstlerfreundinnen und -freunde verhallten wie Rufe in der Wüste (Frehner, S. 96)”.

Spätestens 2013 stellte sich die Frage, wie der Brunnen gereinigt werden sollte. Auch hier zog sich die Diskussion in die Länge, bis die Puristen nachgaben und der Brunnen etwas von den Ablagerungen behalten durfte. Schliesslich, so Matthias Frehner, sei der Turm eine Art Wächterfigur zum Unbewussten und zur Traumwelt und dürfe ein bisschen bizarr sein:

In der Brunnenplastik finden sich eine Reihe von Emblemen, die in Oppenheims Träumen und Werk zum Grundinventar gehören und die ebenso zur kollektiven Symbolik des Surrealismus zählen: der Turm, die Spirale oder Schlangenlinien, das Tempelchen, Wasser, Pflanzen und Blumen (Frehner, S. 101).

Inzwischen hat sich die Polemik um den Brunnen gelegt und viele Bernerinnen und Berner haben ihn ins Herz geschlossen.

Literatur:

Frehner, Matthias: Der Berner “Meret-Oppenheim-Brunnen” von 1983, in: Frehner, Matthias et al. Meret Oppenheim – Retrospektive : “mit ganz enorm wenig viel.” Ostfildern: Hatje Cantz, 2006, S. 91-105.

Link:

Meret-Oppenheim-Brunnen auf Wikipedia (zuletzt besucht am 14.8.2023)

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