Ein Theodolit dient der Vermessung von Winkeln, etwa im Ingenieurwesen, der Architektur oder im Vermessungswesen. Bei diesem Theodoliten handelt es sich um einen Reise-Theodoliten aus dem Jahr 1899. Aufgrund seiner kleinen Grösse und des niedrigen Gewichts war er gut geeignet, um auf Exkursionen mitgetragen zu werden.
Die ETH schaffte diesen Theodoliten 1899 an. Er wurde später dem Geodätischen Institut, dem heutigen Institut für Geodäsie und Photogrammetrie übertragen.
Die Firma Billwiller & Kradolfer
Hergestellt wurde der Reise-Theodolit von der Firma Billwiller & Kradolfer. Diese existierte unter diesem Namen von 1898 bis 1903. Sie hatte ihren Sitz an der Clausiusstrasse 38 bzw. 4, ganz in der Nähe des Polytechnikums (heute ETH).
Bei dieser Firma handelte es sich um ein technisches Versandgeschäft, das sich auf den Vertrieb von Vermessungsgeräten, aber auch von ganzen Schulsaal-Einrichtungen spezialisiert hatte, wie die folgenden Inserate aus den Jahren 1898 bis 1901 zeigen. So hatte die Firma beispielsweise eine Vertretung von Instrumenten der Firma Kern & Co., Aarau inne.
Die Nähe zum Polytechnikum und die Vertretung der Firma Kern Aarau war sicherlich von grossem Vorteil für das Versandgeschäft Billwiller & Kradolfer, kaufte doch das Institut für Geodäsie und Photogrammetrie die meisten seiner Vermessungsinstrumente von den beiden Schweizer Herstellern Kern Aarau und Wild Heerbrugg. Gut möglich, dass die Mitarbeiter des Instituts die Kern-Theodoliten gleich im Versandgeschäft beim Polytechnikum begutachteten und ausprobierten.
Offenbar stellte Billwiller & Kradolfer einige Instrumente wie diesen Reisetheodoliten auch selbst her. In einem Artikel in der Illustrierten schweizerischen Handwerker-Zeitung wurde der Theodolit von der Firma wie folgt angepriesen:
“Dieser Theodolit dient vornehmlich für kleinere Winkelmessungen, zu Kontroll- oder Vorarbeiten, zur Mitnahme auf Reisen und für all jene Zwecke, bei denen die Verwendung grösserer Instrumente nicht erforderlich erscheint.”
3D – Digitalisierung
Objektauswahl
Wir haben diesen Theodoliten deshalb 3D-digitalisiert, weil er sich von den anderen Theodoliten des Instituts für Geodäsie und Photogrammetrie unterscheidet. Es handelt sich um ein sehr einfaches, kleines Instrument ohne grosse Ansprüche und wurde von einem wenig bekannten Hersteller produziert. Über den gesamten Theodoliten sind weisse Farbspritzer verteilt, welche durch die 3D-Digitalisierung noch deutlicher sichtbar werden. Am Originalobjekt fielen sie kaum auf. Diese Gebrauchsspuren deuten darauf hin, dass es sich vermutlich nicht um ein Instrument handelt, das in Lehre und Forschung eingesetzt wurde, sondern vielleicht um eines, das beim Bau eines Gebäudes verwendet wurde? Vielleicht sogar beim Bau eines ETH-Gebäudes? Wie so oft bei historischen Objekten, liegt der Nutzungskontext im Dunkeln und vieles kann nur vermutet werden.
Photogrammetrie und Modellierung
Das Glas der Röhrenlibelle und der Dosenlibelle wurden manuell erstellt, ebenfalls die Animation. Der Rest des Theodoliten liess sich photogrammetrisch relativ gut erfassen, es gab nur wenige Reflexionen, welche die Aufnahmen störten.