1939 fand die vierte schweizerische Landesausstellung in Zürich statt. Die «Landi» war ein voller Erfolg. Ausgestellt wurde damals auch ein motorisiertes Bein einer Honigbiene, welches eigens dafür hergestellt wurde.
Heute ist das Modell Teil der Sammlung wissenschaftlicher Instrumente und Lehrmittel, nachdem es lange Zeit dem Entomologischen Institut der ETH Zürich gehörte.
Das Modell zeigt, wie der Blütenstaub, der angesammelt wird, durch den Pollenkamm des Hinterbeines ausgekämmt wird. Dabei gelangt der Pollen auf die Aussenseite des Kamms und wird durch die Bewegung des Pollenschiebers in das Körbchen zu dem vorhandenen Pollenklumpen hinaufgeschoben. So wird es auf dem Schild beschrieben, welches sich im Inneren der Vitrine befindet. Das weitaus kleinere Schild daneben gibt uns Auskunft über den Hersteller: Darauf ist zu lesen, dass es von J. Culatti hergestellt wurde. Einen bedeutenden Einfluss auf die Herstellung des Modells hatte Prof. Dr. Otto Schneider-Orelli. Er war von 1928 bis 1950 Professor für Entomologie an der ETH Zürich sowie auch erster Direktor des neuen Instituts für Entomologie (1928).
Der Hersteller des Bienenbeins, Josef Culatti (06.02.1890 – 13.12.1981) wurde als Sohn italienischer Einwanderer in Zürich geboren und absolvierte eine Lehre als Feinmechaniker. 1938 machte er sich selbstständig und fertigte erste Kundenaufträge an. Dazu zählt auch das animierte Modell des Honigbienenbeins. Ebenso stellte er für das Entomologische Institut der ETH Zürich eine 100-fache Vergrösserung der Entwicklung eines Borkenkäfers her. Auch diese Lehrtafel wurde an der Landi 1939 gezeigt.
Anhand des offiziellen Ausstellungsverzeichnisses der Landi 1939 lässt sich nicht genau feststellen, in welchen Bereichen die beiden Modelle gezeigt wurden. Das Entomologische Institut wird aber als Aussteller im Bereich Forstwirtschaft (Ausstellungsverzeichnis, S. 418) sowie im Bereich Hochschule (Ausstellungsverzeichnis, S. 441) aufgeführt. In der Beschreibung des Pavillons 36 zum Thema “Unser Holz” ist zu lesen, dass «[…] in großen Modellen […] die beiden für unsere Waldwirtschaft gefährlichsten Borkenkäferarten zur Schau gestellt werden […].» (S. 214). Es ist also durchaus vorstellbar, dass die Lehrtafel in jenem Bereich gezeigt wurde und das motorisierte Bienenbein im Bereich Hochschule. Sowohl die Ausstellung über das Holz als auch über die Hochschulen befanden sich am linken Seeufer, welches die moderne Schweiz repräsentierte.
Die Aufträge für das Entomologische Institut der ETH Zürich kamen nicht von ungefähr; die Entomologie zählte zu Culattis grosser Leidenschaft. War er nicht bei der Arbeit, so verbrachte er seine Zeit mit dem Beobachten, Fangen und Präparieren von Insekten. Insbesondere einheimische Schmetterlinge gehörten zu seinen Hauptinteressen.
Im Nachruf der Entomologischen Gesellschaft Basel (Band 32/2,1982, S. 48-49) ist ebenfalls zu lesen, dass er besonders den Lichtfang gepflegt habe. Insekten werden ja bekanntlich von Licht angezogen und dies macht man sich bei der sogenannten Lichtfangmethode zunutze. Josef Culatti vermachte seine Insektensammlung der Entomologischen Sammlung der ETH Zürich. Auf der Datenbank NAHIMA ist diese einsehbar.
Die Firma Culatti besteht heute noch, bereits in vierter Generation. Besonders bekannt ist der Name wegen der Culatti-Widerstände. Acht solcher Widerstände sind ebenfalls im Besitz der Sammlung wissenschaftlicher Instrumente und Lehrmittel. Sie stammen hauptsächlich aus dem Institut für Fluiddynamik, aber auch andere Disziplinen, wie etwa die Physik, nutzten solche Widerstände.
Ab 1939 stellte die Firma Culatti diese Widerstände her. Da bekannte Firmen und Hochschulen – wie die ETH – diese Widerstände benutzten, wurde sie im In- und Ausland schnell bekannt, zumal die Firma Culatti auch Sonderanfertigungen herstellte.
Literatur:
Allenspach, Viktor: Sepp Culatti †, in: Mitteilungen der Entomologischen Gesellschaft Basel, 1982, 32/2, S. 48-49.
Schweizerische Landesausstellung 1939 Zürich Offizieller Führer Mit Ausstellerverzeichnis Und Orientierungsplan, Zofingen: Ringier & Co. A.G., 1939.