Streifzüge durch die Geschichte der ETH-Bibliothek

Mit dem bevorstehenden Abschluss des Umbaus von Foyer und Info-Center lohnt sich ein kursorischer Rückblick auf die Veränderungen, welche die ETH-Bibliothek in den Jahren ihres Bestehens seit 1855 durchlaufen hat.

Zürich, Eth Zürich, Hauptgebäude (hg), Umbau Der Kuppel
Zürich, ETH Zürich, Hauptgebäude (HG), Umbau der Kuppel 1960-1969, Aufnahme von Emil Heer, Dia_254-018.

Bibliothek und Lesezimmer eröffneten am 7. Januar 1856. Nach vielen Provisorien zog die Bibliothek 1863 in den neu erstellten Semper-Bau. Seit 1921 befindet sich die ETH-Bibliothek am heutigen Standort im obersten Stock des von Gustav Gull erweiterten Semperbaus. Schon zu Beginn verstand sie sich als Fachbibliothek für die an der ETH gelehrten Fächer. Im Bibliotheksreglement von 1902 steht:

«Das eidgen. Polytechnikum unterhält eine mit einem Lesesaale verbundene Bibliothek, an der alle an der Anstalt gelehrten Fächer vertreten sein sollen, immerhin mit besonderer Berücksichtigung der mathematisch-naturwissenschaftlichen und der technischen Fächer.» (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-ZWD-Bib01:66.1)

1902 war die Benutzung der ETH-Bibliothek noch den Studierenden und Angehörigen des Polytechnikums vorbehalten. Nicht mehr als drei Werke auf einmal durften ausgeliehen werden und alle Bücher wurden per 1. August für die jährlich Revision zurückgerufen. Der heutige Grossbetrieb beschäftigte vor knapp 125 Jahren erst sechs Mitarbeitende: Dem Oberbibliothekar standen zwei weitere Bibliotheksbeamte und ein Bibliothekar zur Seite, dazu ein Bücherexpedient (heute: Magaziner) und ein Kustos, das heisst eine Lesesaalaufsicht. Entsprechend eingeschränkt waren die Öffnungszeiten: Von 10:00 bis 12:00 Uhr und nachmittags von 15:00 bis 17:00 hatte die Ausleihe geöffnet. Die Öffnungszeiten des Lesesaals waren etwas grosszügiger, wurden jedoch während der Semesterferien und im Winter gekürzt.

Zürich, Eth Zürich, Hauptgebäude (hg), Hauptbibliothek, Lesesaal
Der Lesesaal im Jahr 1952, Hs_0260-0040.

Allmählich öffnete die ETH-Bibliothek auch ihre Tore für weitere Besuchergruppen. Per Schulratsbeschluss wurde Studierenden und Hörern der Universität Zürich die Benutzung der Bibliothek ab 1916 erlaubt. 1931 folgte dann der Schritt zu einer öffentlichen technischen Landesbibliothek. Zu pandemischen Zeiten im Sommer und Herbst 1918 wurde folgender Anschlag an den Lesesaaleingang angebracht:

«Der gegenwärtig herrschenden Epidemie wegen ist die Benutzung des Lesesaals möglichst einzuschränken. Von einer gänzlichen Schliessung glaubten die Behörden mit Rücksicht auf die Diplomprüfungen vorläufig absehen zu sollen. Dagegen wird jedermann im eigenen Interesse gut daran tun, den Lesesaal nur in wirklich dringlichen Fällen zu betreten. Eine Verantwortung bei allfälligen Ansteckungen müsste abgelehnt werden, Zürich, 25. Juli 1918.» (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-ZWD-Bib01:66.1)

Mit der sogenannten Spanischen Grippe steckte sich 1918-1919 schätzungsweise die Hälfte der Schweizer Bevölkerung an, 25’000 Menschen starben.

Katalogsaal Der Eth Bibliothek: Eth Ausstellung In Peking
Katalogsaal, Aufnahme von Rob Gnant, 1974, Dia_253-06.

Die Anzahl der Titel im Bestand der Bibliothek wuchs besonders in den Boomjahren der 1960er- und frühen 1970er-Jahrens rasant an. 1968 wurde das millionste Buch katalogisiert, die zweite Million bereits 1976. Die ETH-Bibliothek stand auch immer an vorderster Front der technologischen Entwicklung. Maschinenlesbare Katalogdaten mittels Lochstreifen hielten in den frühen 1970er-Jahren an der Bibliothek Einzug. Jean-Pierre Sydler, Bibliotheksdirektor von 1963 bis 1986, hielt 1975 fest, dass der Beruf des Bibliothekars stets und besonders heute am Puls der Zeit liegt:

«Vor einer Generation galt der Bibliothekar […] als ein Mensch zweiter Kategorie. Heute wird er mit erstaunlichen Problemen konfrontiert: internationale Normierung der bibliographischen Notizen, Mikrodokumente, on-line und off-line-Betriebe, Programmiersprachen, Kompatibilität von Computern, Interkonnektion von Informationsnetzen, […] Man spricht jetzt von einer post-industriellen Zeit, in der die Dokumentation und Information eine bedeutende Rolle spielen muss.» (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, EZ-ZWD-Bib01:66.1)

Eth Bibliothek, Benutzungsservice
ETH-Bibliothek, Benutzungsservice, Aufnahme von 1991, Dia_328-12.

Ständige Erneuerung und eine Anpassung an sich verändernde Gegebenheiten sind auch in der Welt der wissenschaftlichen Bibliotheken der Schlüssel zum Fortbestehen. Viel Erfolg im neuen Jahr 2025!

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