Karten zeigen einzigartig auf, wie sich Städte und Orte im Laufe der Zeit vergrössert haben und gewachsen sind. Panoramen lassen hingegen einen Einblick zu, wie sich ein ganzes Stadtbild im Laufe der Jahre verändern kann. So ermöglicht uns ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk die Stadt Zürich zu erkunden, wie sie vor 200 Jahren ausgesehen hat.
Ende letzten Jahres erhielt die Kartensammlung der ETH-Bibliothek eine Anfrage vom Sust Museum in Horgen. Im Rahmen eines Entsammlungsprojektes wurde unter anderem ein Panorama, auf Grund des fehlenden Bezuges zur Gemeinde Horgen, aussortiert und suchte ein neues Zuhause.
Da das Panorama in unserer umfangreichen Sammlung nicht vorhanden war, erklärten wir uns mit Freude bereit es zu übernehmen. Nachdem es im November bei uns eingetroffen ist, wurde es in den letzten Monaten umfassend restauriert und vor einem Monat digitalisiert.
Abb. 1: Panorama der Stadt Zürich und ihrer Umgebung. Rar KS 963.
Das Panorama zeigt die Stadt Zürich vom Karlsturm des Grossmünsters und wurde von Franz Schmid (1796 – 1851) vor 200 Jahren gezeichnet. Der Schwyzer Aquarellist und Panoramenzeichner fertigte unzählige Panoramen von Schweizer Städten und ab 1828 auch von Europäischen an (u.a. Paris, Salzburg und Wien). Seine Panoramen wurden wegen seiner akribischen Genauigkeit von namhaften Kupferstechern reproduziert und weiterverbreitet.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass man bereits auf den ersten Blick Zürich wiedererkennen kann. Nicht nur wegen des markanten Nordturms am linken Bildrand, sondern auch dem zu heute kaum veränderten Gebiets zwischen Fraumünster über das Rathaus bis zur Predigerkirche am rechten Bildrand.
Abb. 2: Die Stadt Zürich vom Fraumünster bis zur Predigerkirche.
Das Seebecken hingegen ist im Vergleich zu heute kaum wiederzuerkennen. Besonders das Kratzquartier links des Fraumünsters ist während der «Grossen Bauperiode» von 1860 bis 1890 komplett verschwunden. Ebenso wie das Kornhaus direkt vor dem Fraumünster, von welchem heute nur noch die beiden Bogen erhalten geblieben sind und nicht zuletzt der Wellenberg in der Limmat, der ca. 500 Jahre zum Stadtbild gehörte.
Abb. 3: Der Wellenberg in der Limmat, das Kornhaus vor dem Fraumünster und dahinter das Kratzquartier.
Das rechte Seeufer war von der «Grossen Bauperiode» weniger betroffen. Auf dem Panorama kann man aber sehr gut die Veränderungen zu den von 1882 bis 1887 erbauten Quaianlagen durch Arnold Bürkli (1833 – 1894) bestaunen. Wo heute das Bellevue, der Sechseläutenplatz und das Opernhaus das Stadtbild prägt, waren es vor 200 Jahren noch Hafenanlagen.
Abb. 4: Blick nach Süden Richtung Zürichhorn.
Die Stadt Zürich erlebte besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Aufschwung zur grössten Stadt der Schweiz. Daher ist es immer beeindruckend durch Abbildungen in alten Drucken, Karten und Panoramen einen Blick in eine Zeit werfen zu können, bevor diese Veränderungen stattgefunden haben.
Wem die Stadt Zürich weniger vertraut ist oder sich von den Veränderungen selbst überzeugen will, hat es hier noch ein Panorama vom Karlsturm von 2014.

Abb. 5: Panorama vom Karlsturm 2014. Von Tschubby – Eigenes Werk.
Wir danken dem Sust Museum auch auf diesem Weg nochmals herzlich für diese wunderschöne Bereicherung unserer Kartensammlung. Damit dies auch nicht vergessen geht wurden die Provenienzmerkmale in unserem Bibliothekskatalog erschlossen.

Abb. 6: MARC-Felder 361 mit den Provenienzen von G.Streuli, der Sekundarschule Horgen und dem Sust Museum.
Apropos vergessen: Falls Sie an weiteren verschwundenen Landschaften interessiert sind, finden Sie unsere Ausstellung «Die Schweiz im Spiegel der Vergangenheit – Mosaiksteine vergessener Landschaften» noch bis 3. Oktober im Hauptgebäude der ETH Zürich.





