Restaurierungsarbeiten an den Druckgraphiken der Schulthess-von Meiss Sammlung

Es war eine kapitale Schenkung: Heinrich Schulthess-von Meiss übergab 1894 der Graphischen Sammlung ETH Zürich ein wesentlicher Teil seiner bedeutenden Sammlung europäischer Graphik. Die über 12’000 Blätter liegen in grünen Boxen, alle sind sorgfältig einzeln auf einen Trägerkarton montiert und beschriftet. Eine gute Aufbewahrungsform, gar nicht weit entfernt von dem, was Restaurator:innen heute als Ideal betrachten.

Konservierungskonzept
Damit der wertvolle Bestand auch weit über die nächsten 130 Jahre in einem guten Zustand bleibt, schenkt die Sammlung ihm seit einigen Jahren besondere Aufmerksamkeit. Denn: Die ursprünglichen Trägerkartons sind oft säurehaltig, was darauf hinweist, dass sie Holzschliff enthalten. Dies kann sich negativ auf die Graphik auswirken. Der Kontakt zwischen Graphik und Trägerkarton führt zu einem Austausch der Säure auf das Papier der Graphik. Deshalb werden alle Trägerkartons ausgewechselt und durch alterungsbeständige ersetzt. Diese entsprechen neu der Grösse und Farbe eines von der Graphischen Sammlung definierten Standardformats.

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Abb. 1: Restaurierungsarbeit an einer Graphik, Graphische Sammlung ETH Zürich. Foto: Livio Baumgartner

Restaurierungsmassnahmen
Die Restaurierung beginnt nach der Dokumentation (auch fotografisch) mit der Trockenreinigung des Objekts. Die Druckgraphiken werden mit einem feinen Ziegenhaarpinsel (Abb. 1) gesäubert, an unbedruckten Stellen wird der Schmutz teilweise mit einem Latexschwamm reduziert. Durch die Entfernung von aufliegendem Staub und Schmutz wird zugleich der Nährboden für Mikroorganismen beseitigt. Ein besonderes Augenmerk wird auf den Erhalt von unscheinbaren Bezeichnungen, Werk- und Bleistiftspuren gelegt.

Die Graphiken sind häufig an den vier Ecken mit dem Trägerkarton verklebt oder mit zwei Fälzchen (Abb. 2 links) rückseitig montiert. Letzteres besteht oft aus einem gummierten Papier, das sich meist mit einem Skalpell mechanisch entfernen lässt. Die Rückstände der Klebepunkte lassen sich ebenfalls mit einem Skalpell reduzieren. Durch das Lösen der vier Klebpunkte ist es möglich die Rückseite zu betrachten, zudem vermindert es Spannungen im Papier. Ersetzt werden die Klebpunkte danach durch zwei neue Fälzchen (Abb. 2 rechts).

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Abb. 2: Vorzustand (links) und Nachzustand (rechts) der Graphik Rückseite Figur mit Armbrust, Anonym, 1597, Kupferstich, D 14249, Graphische Sammlung ETH Zürich, Foto: Olivia Raymann

In Abb. 2 erkennt man links auf dem alten Trägerkarton im Vorzustand einen hellen Abdruck an der Stelle, auf der die Graphik lag. Die Graphik hatte einen positiven Einfluss auf den säurehaltigen Trägerkarton. Da dieser Bereich vor Licht und Schmutz geschützt war, verlangsamte das hochwertige Papier der Graphik den Abbauprozess im alten und schädlichen Karton. Das Gegenteil sollte aber der Fall sein – der Trägerkarton müsste einen positiven Effekt auf die Graphik ausüben. Ziel der Restaurator:innen der Sammlung ist es, die Graphik mit einem leicht gepufferten Untergrund (100% Alphazellulose – pH-Wert 8,0-8,5 – ISO 9706) auszustatten, damit der Abbauprozess in der Graphik verlangsamt wird. Der gepufferte Untergrund ist im alkalischen Bereich und soll künftig entstehende Abbauprodukte neutralisieren. Abbauprodukte entstehen unteranderem durch die Oxydation der Zellulose beim Alterungsprozess, wodurch der Säuregehalt des Papiers steigt. Verlangsamt wird dies durch eine alkalische Umgebung und optimale klimatische Bedingungen.

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Abb. 3: Schematischer Querschnitt der mit Fälzchen montierten Graphik auf den Trägerkarton.

Falls die Graphik einzelne kleine Risse oder Fehlstellen aufweist, werden diese mit Weizenstärkekleister und Japanpapier ergänzt. Danach wird die Graphik mit zwei Japanpapierfälzchen und Kleister auf den neuen Kartonträger befestigt (Abb. 3). Die beiden Fälzchen befinden sich immer am selben Ort oben am Objekt. Die Mitarbeiter:innen wissen somit, wie sie die Graphik aufklappen und die Rückseite betrachten können ohne sie zu beschädigen. Die Graphiken werden zusätzlich mit einem Schutzblatt aus Photo-Tex (100% Baumwolle – pH- Wert 7,0 – ISO 18916) geschützt, das oben auf dem Werk aufliegt.

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Abb. 4: Vorzustand (links) und Nachzustand (rechts) der Graphikvorderseite: Figur mit Armbrust, anonym, 1597, Kupferstich, D 14249, Graphische Sammlung ETH Zürich, Foto: Olivia Raymann

Wenn der untere Teil des alten Trägerkartons Beschriftungen enthält, wird er für allfällige Nachforschungen aufbewahrt, um keine Informationen zu verlieren. (Abb. 4 links). Die neu montierte Graphik (Abb. 4 rechts) könnte mit dem Träger in einem Passepartout befestigt und in einem Rahmen in einer Ausstellung präsentiert werden. Zur Archivierung liegt sie jedoch vor Licht und Umwelteinflüssen geschützt mit anderen Werken in einer Papiermappe in der grünen Box, bereit für die Nutzung und einen langzeitigen Erhalt.

Dieser Beitrag ist auch auf dem Blog der Graphischen Sammlung ETH Zürich erschienen.

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