Frauen und der Himalaya

An den Himalaya-Expeditionen der Schweizerischen Stiftung für Alpine Forschung (SSAF) waren nicht nur Männer, sondern auch Frauen beteiligt. Das historische Stiftungsarchiv der SSAF, das sich im Hochschularchiv der ETH Zürich befindet, kann diese Geschichten in Texten und Bildern wieder aufleben lassen.

Die SSAF ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Förderung von Forschung und Bildung im alpinen Raum widmet. Seit ihrer Gründung im Jahr 1930 hat sie zahlreiche Projekte zu verschiedenen Aspekten der alpinen Umwelt, Geologie, Ökologie und Kultur unterstützt. Die wohl bekannteste Expedition der SSAF war die Himalaya-Expedition im Frühjahr 1952 zur Erkundung des Zugangs zum Südsattel des Mount Everests. Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts waren Besteigungsversuche dieses Bergmassivs ausschliesslich von britischen Unternehmungen durchgeführt worden. Dank guter Beziehungen erhielt die Schweiz im Frühjahr 1952 von Nepal die Erlaubnis für ihre erste Expedition. Bis zu diesem Zeitpunkt war der höchste Berg der Welt noch unbezwungen.

Ein erster Schweizer Versuch den Mount Everest zu besteigen, wurde im Frühjahr 1952 vom Genfer Arzt Edouard Wyss-Dunant geleitet. Als Leiter (auch Sirdar genannt) der Sherpa-Hochträger:innen nahm Tenzing Norgay teil. Die Sherpas unterstützten die Schweizer Expedition mit ihrem Wissen über das Gebiet. Dieser Versuch musste schliesslich wegen schlechten Wetters abgebrochen werden. Auch ein zweiter Versuch im Herbst 1952 musste vorzeitig beendet werden, ohne das Ziel zu erreichen.

Aufstieg an der Mount-Everest-Expedition 1956

Foto des Aufstiegs aus dem Sammeldossier der Mount-Everest-Expedition der SSAF 1956, ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, Hs 1520:066

Sherpa bei der Mount-Everest-Expedition 1953

Foto eines Sherpas aus dem Sammeldossier der Mount-Everest-Expedition der SSAF 1956, ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, Hs 1520:064 

Der nepalesische Bergsteiger und Hochträger Tenzing Norgay sollte schliesslich 1953 zusammen mit dem Neuseeländer Edmund Hillary zum Erstbesteiger des Mount Everests werden. Ohne die Vorarbeit der Schweizer Expedition von 1952, welche von nepalesischen Sherpas unterstützt wurde, wäre die Erklimmung des Mount Everests ein Jahr später nicht möglich gewesen.

Tenzing Norgay, Sherpa, In Der Schweiz

Tenzing Norgay in der Schweiz, ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Metzger, Jack / Com_X-T040-001 / CC BY-SA 4.0

Schon 1956 fand ein weiterer Schweizer Versuch durch die SSAF statt. Auch dieses Mal wurden die Schweizer Teilnehmer:innen von 22 Sherpa-Hochträger:innen, dieses Mal unter der Leitung von Pasang Dawa Lama, begleitet. Dieser Versuch sollte für die Expeditionsgruppe endlich erfolgreich sein. Am 22. Mai 1965 erreichten Ernst Schmied und Jürg Marmet als Zweitbesteiger nach Hillary und Tenzing den Everest-Gipfel. Als Drittbesteiger erreichten nur einen Tag später Hansruedi von Gunten und Dölf Reist die Spitze.

Fingerabdrücke der Mount-Everest-Expedition 1956

Fingerabdrücke der angeheuerten Sherpas und Sherpanis als Unterschrift für die Mount-Everest-Expedition 1956: ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, Hs 1520:066

Häufig vergessen geht, dass an den Expeditionen nicht nur Männer, sondern auch Frauen teilnahmen. Die Schweizer Bergsteigerin Annelies Lohner (später: Sutter) beispielsweise spielte eine sehr wichtige Rolle in den Himalaya-Expeditionen. 1947 wurde auf ihre Initiative eine SSAF-Expedition ins Gangotri-Massiv organisiert, an der sie selbst teilnahm. Und auch in früheren Himalaya-Expeditionen nahmen bereits europäische Bergsteigerinnen teil, wie zum Beispiel Hettie Dyhrenfurth.

Annelies Lohner

Aufnahme von Annelies Lohner und weiteren Teilnehmern bei der Gangotri-Expedition 1947, ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, Hs 1520:052

Ausserdem halfen auch einheimische Trägerinnen mit, die schweren Transportlasten hochzutragen. Patricia Purtschert schreibt in ihrem Buch «Kolonialität und Geschlecht im 20. Jahrhundert», dass an den langen Aufstiegen in der Regel zahlreiche Sherpani-Hochträgerinnen (Sherpani ist die weibliche Form von Sherpa) beteiligt waren, die sich teilweise über die Basislager hinausbewegten.

Sherpani

Ausschnitt aus einem Zeitungsartikel von Sherpani-Hochträgerinnen an der Mount-Everest-Expedition 1956, ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, Hs 1520:182

Als erste Frauen erreichten Junko Tabei und Hiroko Hirakawa mit dem Team «Japanese Women’s Everest Expedition» 1975 den Gipfel des Mount Everests. Die erste Nepalesin und Sherpani war Pasang Lhamu Sherpa 1993. Als erste Schweizerin gelang es Evelyne Binsack den Mount Everest 2001 zu besteigen.

Literaturverzeichnis

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