Henri Moser – Abenteurer und Sammler

Vor 100 Jahren wurde in Bern die orientalische Ausstellung im Historischen Museum eröffnet. Die Sammlung umfasst tausende Objekte aus dem Besitz von Henri Moser. Der Schweizer Abenteurer bereiste Zentralasien zur Zeit des russischen Imperialismus, sammelte Kunstgegenstände und ethnografische Objekte und schrieb seine Erlebnisse nieder.

Henri Moser wurde 1844 in Sankt Petersburg als Sohn des Industriellen Heinrich Moser geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Schaffhausen und auf Schloss Charlottenfels in Neuhausen am Rheinfall.

 

Henri_Moser_Portrait

Als junger Erwachsener trat er in den Uhrenfabrikationsbetrieb seines Vaters in Le Locle ein und unternahm bereits ein Jahr später eine ausgedehnte Geschäftsreise nach Russland. Nach einem Streit wurde er von seinem Vater nach St. Petersburg zum Hauptsitz seines Unternehmens versetzt. Henri Moser war 23 Jahre alt, als es zum Bruch mit dem Vater kam, und sein abenteuerliches Leben in Zentralasien begann.

Noch sehr jung und vor Begierde brennend, meine Kräfte im Kampfe um eine neue Existenz zu messen, verliess ich Moskau im Jahre 1868 mit einigen hundert Rubeln in der Tasche, mit nur leichtem Gepäck ausgerüstet, aber von grossem Muthe beseelt. Unwiderstehlich zogen mich die neuen Eroberungen in Centralasien an. (S. 6)

Nach einigen Monaten in Orenburg in Russland, schlich er sich eines Nachts ohne Erlaubnis aus der belagerten Stadt hinaus und reiste weiter in Richtung Taschkent. Unterwegs verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit dem Einreiten von Pferden und versuchte sich in der Zucht und dem Handel von Seidenraupeneiern, was aber mit einem finanziellen Fiasko endete.

Jurte
Abb. 2 Die Jurte und ihre Bewohner

Seine grösste und wichtigste Reise nach Zentralasien trat er 1883 an. Dank seiner Beziehungen zu einflussreichen Kreisen gelang es ihm, diese Reise als offizieller Teilnehmer der russischen Gesandtschaft des neuen Generalgouverneurs anzutreten. In dieser Zeit legte er den Grundstein zu seiner orientalischen Sammlung und entdeckte seine schriftstellerische Begabung.

 

Samarkand
Abb. 3: Der Rigistan-Platz in Samarkand.

In Briefen, die im «Journal de Genève» erschienen, berichtete er laufend über seine Erlebnisse, die angesichts der damals wachsenden Feindschaft zwischen England und Russland von grossem aktuellem Interesse waren. Diese Reisebriefe weitete Henri Moser nach seiner Rückkehr im Frühsommer 1884 zu seinem ersten Hauptwerk über Zentralasien aus. Dieses erschien 1886 zuerst auf Französisch und 1888 in Leipzig auf Deutsch unter dem Titel “Durch Central-Asien: die Kirgisensteppe, Russisch-Turkestan, Bochara, Chiwa, das Turkmenenland und Persien”

Turkenstan
Abb. 4: Typen von Eingeborenen des russischen Turkestan

Dieses reich illustrierte Werk machte Henri Moser als Reiseschriftsteller und Asienforscher international bekannt. Seine ethnologischen Schilderungen geben einen Einblick in die Kultur der Völker Zentralasiens und die Eroberungen des russischen Kaiserreichs zur Zeit des Imperialismus. Neben vielen von Evert van Muyden erstellten Zeichnungen, enthält das Buch auch einige Photographien.

Auf seinen Reisen trug Henri Moser umfangreiche Sammlungen von Kunstgegenständen, Jagdtrophäen, Waffen und vielem anderem zusammen. Einige Raritäten stellte er erstmals 1876 in Schaffhausen aus, danach zeigte er diese in Ausstellungen in ganz Europa.

Sammlungsgegenstaende
Abb. 5: Sammlung von Waffen aus Bochara und Kunganen (Kannen und Krüge)

Seine orientalische Sammlung brachte er zuerst im Familienschloss Charlottenfels unter und stiftete sie 1914 dem Bernischen Historischen Museum (BHM). Der erste Weltkrieg verzögerte die Erstellung eines eigenen Anbaus für die Sammlung. Im Jahr 1922, ein Jahr vor Henri Mosers Tod, wurde schliesslich die permanente orientalische Ausstellung in Bern feierlich eröffnet.

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Literatur

Henri Moser: Durch Central-Asien. Die Kirgisensteppe, Russisch-Turkestan, Bochara, Chiwa, das Turkmenenland und Persien. Reiseschilderungen. Leipzig: Brockhaus, 1888.

Robert Pfaff: Henri Moser. Schaffhauser Beiträge zur vaterländischen Geschichte, 1969.

 

 

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