Die gute und regelmässige Belüftung von Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, wurde mit dem Auftreten von Covid-19 wieder zu einem allgegenwärtigen Thema. Stephen Hales (1677-1761) veröffentlichte 1743 sein Werk A Description of Ventilators, in dem er die Erfindung eines Ventilators zur Belüftung von Bergwerken, Gefängnissen, Krankenhäusern, Zuchthäusern und Schiffen vorstellte.
Hales widmete seine Schrift den Seefahrern, die bei langdauernden Seereisen mit seetypischen Infektionskrankheiten konfrontiert waren:
As Sea-farers, that Valuable and Useful Part of Mankind, have many Hardships and Difficulties to contend with, so it is of great Importance to obviate as many of them as possible: And as the noxious Air in Ships has hitherto been one of their greatest Grievances, by making sick and destroying multitudes of them.
Hales 1743, V
Das Auftreten von Infektionskrankheiten auf langen Seereisen führte bei Handels- und Kriegsschiffen im 18. Jahrhundert zu grossen menschlichen und finanziellen Verlusten. Wissenschaftler und Ärzte führten die Ursachen für solche Krankheiten zunehmend auf die schlechte Luft unter Deck zurück, auch wenn sie für deren Auftreten noch keine einschlägige Erklärung erbringen konnten. Die Schiffe waren oft überfüllt und die Räume unter Deck konnten über wenige Luken nur schlecht belüftet werden. Bei schlechten Wetterverhältnissen oder hohem Seegang mussten die Luken häufig geschlossen bleiben. Hinzu kam, dass mit dem Bau von grösseren Schiffen mit mehreren Decks diese Belüftungsmethode zunehmend wirkungslos blieb (Zuckermann 1976-1977, 228).
Eine chemische Reinigung der Luft durch das Verbrennen von Wacholder oder Schwefel oder das Besprengen der Räume mit Essig brachten kaum Besserung. Das veranlasste Stephen Hales etwa zur gleichen Zeit wie Samuel Sutton nach einer weiteren Lösung für das Problem zu suchen. Stephen Hales beschrieb einen Ventilator, der wie ein Blasebalg einer Orgel funktionierte. In zwei Kästen befand sich je eine Platte, die auf und ab bewegt werden konnte und einen Luftstrom erzeugte, mit dem Luft über Röhren aus den Räumen unter Deck heraus- und hineingepumpt werden konnte.
Der Nachteil dieser Erfindung war, dass der Ventilator auf dem Schiff – wo der Platz schon an sich begrenzt war – zusätzlichen Raum beanspruchte und regelmässig durch zwei Männer in Gang gehalten werden musste.
Der Arzt Richard Mead (1673-1754) empfahl 1743 der Royal Navy das von Samuel Sutton entwickelte Belüftungssystem, das ohne direkte menschliche Arbeitskraft auskam und weniger Platz erforderte. Sutton hatte beobachtet, dass in geschlossenen Räumen ein Luftzug zustande kam, wenn bei drei Kaminen zwei mit Feuer beheizt wurden. Er entwickelte eine Lüftung, die mittels eines platzsparenden Röhrensystems und dem Feuer in der Schiffskombüse funktionierte. Der Nachteil dieser Konstruktion war, dass sie bei hohem Seegang und schlechtem Wetter oft nicht genutzt werden konnte, weil das Feuer in der Kombüse gelöscht werden musste (Schadewaldt 1968, 14-15).
Stephen Hales Ventilator kam vorerst auf Handelsschiffen zum Einsatz und nachdem sich nachweisen liess, dass durch die gute Belüftung der Decks viel weniger Personen auf langen Seereisen erkrankten, wurde er auch auf Kriegsschiffen getestet. 1756 kam der Ventilator auf dem grössten Schiff der Royal Navy zum Einsatz und nachdem 850 Personen die Reise gesund überstanden, wurde für die ganze Flotte der Einbau eines Ventilators beschlossen (Hales 1758, 96-97).
Literatur:
Ellis, F. P. (1948): Victuals and Ventilation and the Health and Efficiency of Seamen. British Journal of Industrial Medicine , Oct., 1948, Vol. 5, No. 4 (Oct., 1948), 185-197.
Schadewaldt, H. (1968): Zur Geschichte der Verkehrsmedizin unter besonderer Berücksichtigung der Schiffahrtsmedizin. In: H. Wagner und K. J. Wagner (Hg.): Handbuch der Verkehrsmedizin. Berlin: Springer Verlag.
Zuckermann, A. (1976-1977): Scurvy and the Ventilation of Ships in the Royal Navy: Samuel Sutton’s Contribution. Eighteenth-Century Studies, Winter, 1976-1977, Vol. 10, No. 2 (Winter, 1976-1977), 222-234.