Albert Einstein stellt seine allgemeine Relativitätstheorie erstmals im November 1915 in Berlin vor. Zu den frühen Befürwortern und Förderern der neuen Ideen gehört der ETH-Professor Hermann Weyl (1885–1955). Einstein bedankt sich überschwänglich für die Unterstützung aus Zürich und „beweist“ die Unterlegenheit der Gegner seiner Theorie.
Anfang des Briefes von Albert Einstein an Hermann Weyl vom 23. November 1916 (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv ETH Zürich, Hs 91:536, Digitalisat und Transkription des Briefes)
Als Hermann Weyl 1913 als Professor für höhere Mathematik an die ETH Zürich berufen wurde, traf er im Kollegium auf Albert Einstein. In der kurzen Zeit, die der ETH-Absolvent Einstein zwischen 1912 und 1914 an seiner ehemaligen Alma Mater als Professor verbrachte, arbeitete er an der Erweiterung seiner 1905 publizierten speziellen Relativitätstheorie. Während seine Frau mit den beiden Kindern in Zürich blieb, wechselte Einstein im Frühling 1914 von der ETH Zürich an die Preussische Akademie der Wissenschaften in Berlin. Dort gelang ihm die Fertigstellung der Allgemeinen Relativitätstheorie, die er am 25. November 1915 der Akademie vorstellte.
Während die neuen Ideen u. a. von Max Planck zunächst skeptisch aufgenommen wurden, gehörte Hermann Weyl zur Gruppe ihrer frühen vehementen Befürworter. Der an mathematischen, physikalischen und philosophischen Fragen gleichermassen interessierte Weyl, sah in Einsteins Theorie ein bahnbrechendes Lehr- und Forschungsfeld. Bereits im Sommersemester 1917 hielt Weyl an der ETH Zürich unter dem Titel „Raum, Zeit, Materie“ eine Vorlesung über allgemeine Relativitätstheorie.
Einstein, der von Berlin aus die Rezeption seiner allgemeinen Relativitätstheorie ganz genau beobachtete, band die ihn unterstützenden Kollegen aktiv in ein Netzwerk von Befürwortern ein. So bedankte sich Einstein am 23. November 1916 brieflich bei Weyl und lieferte – zwecks Abgrenzung gegenüber den Gegnern der neuen Theorie – augenzwinkernd den „Beweis“ für deren intellektuelle Unterlegenheit:
Hoch geehrter Herr Kollege!
Ich bin hoch erfreut darüber, dass Sie die allgemeine Relativitätstheorie mit so viel Wärme und Eifer aufgenommen haben. Wenn die Theorie einstweilen noch viel Gegner hat, es tröstet mich doch der folgende Umstand: die anderweitig ermittelte mittlere Denkstärke der Anhänger übertrifft diejenige der Gegner um ein Gewaltiges! Dies ist eine Art objektives Zeugnis für die Natürlichkeit und Vernünftigkeit der Theorie. […]
Als 1918 Weyls Lehrbuch „Raum, Zeit, Materie. Vorlesungen über allgemeine Relativitätstheorie“ erschien, mit dem er viel zur mathematischen Vereinfachung und Vereinheitlichung der Theorie beitrug, erreichte das Lob Einsteins auf den Verfasser einen weiteren Höhepunkt. Einstein, der bogenweise die Korrekturfahnen des Buches erhielt, bezeichnete es in seinem Brief vom 8. März 1918 an Weyl als „Meister-Symphonie“ (Digitalisat, Transkription des Briefes).
Hermann Weyl selbst sah seinen Beitrag zur Verbreitung und Anerkennung der allgemeinen Relativitätstheorie bescheidener. Im Vorwort zur Erstausgabe schreibt er schlicht, das Werk sei hoffentlich geeignet „den Physikern [die] mathematischen Hilfsmittel vertrauter zu machen und als Lehrbuch unter der studierenden Jugend für die neuen Ideen zu wirken!“. Die in rascher Folge erschienenen weiteren Auflagen von „Raum, Zeit, Materie“ zeigen, dass ihm das gelungen ist.
Veranstaltungshinweis: Einstein Symposium 2015 “100 Jahre allgemeine Relativitätstheorie“, ETH Zürich, 12. bis 14. November 2015