August 1914: Die Juli-Krise auf dem Balkan hat sich zum europäischen Krieg ausgeweitet. Der Schweizerische Bundesrat löst die Generalmobilmachung aus. Zwischen dem 3. und 7. August rücken rund 220‘000 Männer in den aktiven Militärdienst ein. An allen Ecken und Enden fehlen Arbeitskräfte. Auch die Mittelschulen sind vom Fehlen zahlreicher Lehrer betroffen, was insbesondere die Durchführung der Maturitätsprüfungen gefährdet und damit auch den Übertritt potentieller Absolventen an schweizerische Hochschulen. Am 20. August wendet sich die Direktion des Erziehungswesens des Kantons Zürich in einem Schreiben an die Schulleitung der ETH Zürich.
„Die europäischen Kriegswirren greifen namentlich infolge der Einberufung einer Anzahl Lehrer in den Wehrdienst so sehr auch in den Betrieb unserer Mittelschulen ein, dass die Rektorate der Kantonsschule sich veranlasst sahen, zu beantragen, es sei die diesjährige Maturitätsprüfung auf die schriftliche Prüfung zu beschränken und von der Abnahme der mündlichen Prüfung abzusehen. Bei der Festsetzung der Noten sollen die Leistungsnoten der zwei letzten Quartalzeugnisse mit berücksichtigt werden, wie die Maturitätsreglemente dies vorsehen.“
Gesuch der Direktion des Erziehungswesens des Kantons Zürich an des Schweizerischen Schulrat vom 20. August 1914 (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv, SR3:1914, 886).
Im Schreiben wird auch der Schulrat der Stadt Winterthur erwähnt, der noch einen Schritt weiter geht und die Maturitätsprüfungen gänzlich ausfallen lassen möchte. Die Noten im Maturitätszeugnis sollen anhand der letzten drei Quartalszeugnisse eruiert werden. Ein entsprechendes Gesuch um Einverständnis an die Adresse der Schulleitung der ETH Zürich hatte das Rektorat der höheren Stadtschulen in Winterthur bereits am 11. des Monats eingereicht. Ähnliche Gesuche, die Matura ohne Prüfung anzuerkennen, gehen aus Aarau, La Chaux-de-Fonds und Trogen ein. Allen Anträgen wird stattgegeben.