Berlin war die Stadt, der Max Frisch zeit seines Lebens in besonderer Weise verbunden blieb. Schon als junger Student war er 1935 und 1936 mit seiner damaligen Freundin Käte Rubensohn erstmals in der deutschen Hauptstadt gewesen, von wo er irritiert über den offenen Antisemitismus zurückkehrte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nutzte er jede Möglichkeit, ins europäische Ausland zu fahren. So bereist er im November 1947 erstmals wieder Berlin, schon im Frühjahr 1948 ist er wieder in der Stadt, wo er auch den dramatischen Anfang der Blockade miterlebt. In seinem Tagebuch 1946-1949 hält er fest: „Auf dem Tempelhofer Feld wimmelt es von glitzernden Transportern -. »Luftbrücke«.“
Ausflug an den Müggelsee in Ost-Berlin: Max Frisch, seine Ehefrau Marianne sowie der befreundete Schriftsteller Uwe Johnson; ©Judith Macheiner/Max Frisch-Archiv, Zürich (Nutzung nur auf Anfrage)
Frisch hatte Bert Brecht 1947 in Zürich kennengelernt, den es schon bald nach Berlin zog. Trotz der räumlichen Trennung war der Kontakt zwischen den beiden nie abgerissen. 1950 reiste Frisch zu einer Theateraufführung des Berliner Ensembles ein weiteres Mal nach Berlin. Diesen Besuch, wie auch sein letztes Zusammentreffen mit Brecht in dessen Wohnung an der Chaussee-Strasse im September 1955, hat er in seinen Erinnerungen an Brecht festgehalten.
In den Sechzigerjahren besucht Max Frisch die Stadt Berlin immer wieder. Ausschlaggebend ist die Freundschaft mit dem deutschen Literaturwissenschaftler und Kritiker Walter Höllerer, der ihn im Dezember 1959 erstmalig zu einer Lesung nach Berlin einlädt.
Im Herbst 1972 kauft Frisch eine Eigentumswohnung in Berlin-Friedenau, das zu diesem Zeitpunkt ein Mekka deutschsprachiger Schriftsteller wie Günter Grass, Uwe Johnson und H. M. Enzensberger ist. Das ist ein Grund, weshalb Frisch sich entschliesst, fortan in Berlin zu leben. Ein weiterer Grund scheint ein gewisser Überdruss an Zürich zu sein. Mit dieser Stadt verbinden Frisch fast nur Erinnerungen, gute und schlechte, jedenfalls Erinnerungen, die aber nicht mehr viel für sein gegenwärtiges Leben hergeben.
Nach dem Bezug der Wohnung im Februar 1973 beginnt Frisch wieder damit, ein Tagebuch zu führen, das er Berliner Journal nennt. Seiner literarischen Form nach steht es in der Tradition der beiden Tagebücher der Jahre 1946-1949 und 1966-1971. Im Januar 2014 wurden erstmalig Auszüge aus diesem Journal publiziert. Begleitend dazu zeigt das Max Frisch-Archiv an der ETH-Bibliothek Archivalien, die einen Querschnitt geben über die enge Verbundenheit von Max Frisch mit der Stadt Berlin. Erstmalig in der Schweiz werden Originalseiten aus dem Berliner Journal gezeigt. Die Inhalte dieses Journals widerspiegeln sich in den ausgestellten Briefen, die Frisch 1973 an Freunde und Bekannte schreibt. Unter den Exponaten finden sich auch Archivalien aus den 1940er bis 1960er Jahren, die dokumentieren, dass Frisch Berlin immer als literarische und menschliche Herausforderung empfunden hat.
Ort der Ausstellung:
Max Frisch-Archiv an der ETH-Bibliothek
Rämistrasse 101
8092 Zürich
Laufzeit der Ausstellung:
3. Februar – 29. August 2014
Montag – Freitag, 10:00 – 17:00
Eintritt frei
Ansprechpartner:
Dr. Margit Unser
Max Frisch-Archiv an der ETH-Bibliothek
Mail: unser@libary.ethz.ch
Telefon 044 632 40 35