Vor ungefähr dreissig Jahren, am 27. August 1983 wurde der als „Sprayer von Zürich“ bekannte Harald Naegeli aufgrund eines internationalen Haftbefehls an der deutschen Grenzkontrolle Puttgarden bei der Ausreise nach Dänemark verhaftet.
Gut zwei Jahre zuvor, am 19. Juni 1981 war Naegeli vom Bezirksgericht Zürich wegen wiederholter Sachbeschädigungen zu einer neunmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden und danach in Deutschland untergetaucht. Am 24. April 1984 stellte sich Naegeli freiwillig den Schweizer Behörden und sass daraufhin seine Gefängnisstrafe ab.
Die Entrüstung über die Kriminalisierung des Schweizer Künstlers war international. So monierte etwa Joseph Beuys:
[…] dass künstlerischer Ideenreichtum, Schönheit und freie Information als Eigentumsdelikt besudelt und unter Strafe gestellt wird [… und] ein international längst hochgeachteter Künstler wie ein Schwerverbrecher buchstäblich durch ganz Europa gehetzt wird (Müller, S. 14).
Beuys argumentiert hier von seinem Standpunkt der „Sozialen Plastik“. Diese geht davon aus, dass jeder Mensch durch kreatives Handeln zum Wohl der Gemeinschaft beitragen und dadurch plastizierend auf die Gesellschaft einwirken kann.
In den dreissig Jahren seit der Verhaftung Naegelis hat sich in Zürich das Kunstverständnis der Behörden gewandelt. Ein älteres Werk des Künstlers – die Figur „Undine“ am Deutschen Seminar der Universität Zürich – steht heute gar unter Denkmalschutz. Es ist am Ende fraglich, ob der Sprayer von Zürich mit derselben Härte verfolgt würde wie damals. Die folgenden Bilder aus dem Archiv der Fotoagentur Comet wurden im Sommer 1979 von Markus J. Hässig in Zürich aufgenommen.
Markus Hässig: Harald Naegeli, Wandmalerei, 8.6.1979 (Com_L28-351-100-0006)
Markus Hässig: Harald Naegeli, Wandmalerei, 8.6.1979 (Com_L28-351-100-0008)
Markus Hässig: Harald Naegeli, Wandmalerei, 8.6.1979 (Com_L28-351-100-0011)
Zitierte Literatur:
Michael Müller (Hrsg.): Der Sprayer von Zürich; Solidarität mit Harald Naegeli (Reinbek bei Hamburg, 1984).
Ein weiterer ausführlicher Rückblick ist gestern 27.8.2013 erschienen auf
http://einestages.spiegel.de/s/tb/29446/sprayer-harald-naegeli-schweizer-graffiti-kuenstler-auf-der-flucht.html
.. die graphische Qualität war ja das erstaunliche, speziell im Vergleich zu gewohnten Sprayereien –
als sein Name noch nicht veröffentlich war, am Tag nach der Veröffentlichung seiner Verhaftung (..als man ihn endlich erwischt hat, wie das hiess) gab es eine Züricheigene Solidaritätsaktion: Die damals Zuständigen der ‘alternativen Junifestwochen’ (offiziell genehmigtes Kontrastprogramm zu den offiziellen Juni-Festwochen), der Architekt Remo Galli (berühmt für seine frappante Ähnlichkeit mit Einstein), heute auch Politiker in Bern und aktiv im ‘Forum für Nachhaltigkeit’Zürich, wie auch die für die Schweizer Banknoten der vorigen Generation bekannte Grafikerin Ursula Hiestand: Es wurde auf die schnelle ein Button mit einer der Nägeli Sprayereien hergestellt und an der Kasse der alternativen Junifestwochen, um das Zelt auf dem Münsterplatz mit Programmzetteln etc verkauft.
Speziell ich meinte er brauche sicher Unterstützung gerade finanziell (- hoch lebe die Naivität in der Einschätzung schweizerischer Familien-Herkunft) – sein Vaterhaus hat ihm dann hier in der Stadt speziell nicht gerade mildernde Umstände eingebracht, im Gegenteil.
Remo Galli
https://www.google.ch/search?q=remo+galli+nationalrat&client=firefox-a&hs=7qD&rls=org.mozilla:de:official&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ei=ElAiUpz3BsautAav3YDQDw&ved=0CAcQ_AUoAQ&biw=1242&bih=677
Ursula Hiestand
http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_%2B_Ursula_Hiestand