Was lange währt, wird endlich gut: Der steinige Weg zur zweiten Silbermedaille der ETH Zürich

Seit 1870 diente die erste Silbermedaille der ETH Zürich über 80 Jahre lang als Auszeichnung für besonders begabte Studierende. Erst 1955 konnte sich ein neues Motiv für die Preismedaille durchsetzen.

 Signatur: ETH-Bibliothek, Archive, Med. 60

Silbermedaille der ETH Zürich von 1955 nach dem Modell von Franz Fischer mit dem Titel „Mass“. Baum mit Ästen und Laub, daneben die lateinische Inschrift STUDIO und LABORI, die wie schon  bei der Vorgängermedaille auf den Eifer und die Arbeit der Preisträger anspielte.

   Ein Unterarm, in dessen Hand ein Zirkel liegt. Rechts unten der Name des Medailleurs F. Fischer. Die lateinische Inschrift UNIVERSITAS POLYTECHNICA HELVETICA brachte die 1911 erfolgte Umbenennung des Eidgenössischen Polytechnikums in Eidgenössische Technische Hochschule zum Ausdruck.

 Die Silbermedaille des Eidgenössischen Polytechnikums wurde 1870 zum ersten Mal verliehen (mehr dazu im Blogbeitrag „Siegerehrung ohne Gold: Die erste Silbermedaille der ETH Zürich“). Die vom Medailleur Antoine Bovy gestaltete alte Silbermedaille war also schon über 60 Jahre in Verwendung, als Schulratspräsident Arthur Rohn in den 1930er Jahren durch die Eidgenössische Kunstkommission einen Wettbewerb für die Schaffung einer neuen Medaille ausschreiben liess, da die alte „in geschmacklicher Hinsicht veraltet“ sei. So fanden in den Jahren 1933 bis 1935 drei Wettbewerbe im Rahmen der „Hilfsaktion für schweizerische Künstler“ statt, doch die ETH Zürich legte gegen die eingereichten Gipsmodelle jedes Mal  ihr Veto ein, kein Entwurf genügte den hohen Ansprüchen. So blieb nichts anderes übrig, als weiterhin die alte Silbermedaille von 1870 zu verwenden.  

Erst 20 Jahre später wagte die ETH Zürich einen neuen Anlauf, um die alte Medaille, die „den Geist der verflossenen Zeit“ atmete und „in ästhetischer Hinsicht nicht mehr den heutigen Anschauungen“ entsprach, abzulösen.  

Wieder schrieb die Eidgenössische Kunstkommission einen Wettbewerb aus, zu dem nun 21 Bildhauer eingeladen wurden. Und wieder konnte sich die Leitung der Hochschule nicht für ein Modell entscheiden. Daraufhin wurde eine Gruppe von Architekturstudierenden der ETH unter Prof. Hans Hofmann  eingeladen, die Medaillenentwürfe zu bewerten. Sie kürten schliesslich den Entwurf von Franz Fischer zum Sieger.

Der damalige Schulratspräsident Hans Pallmann konnte zwar keine Begeisterung für den Entwurf mit dem Titel „Mass“ aufbringen, doch fand er ihn immerhin „künstlerisch schön, ohne kühn zu sein“. Kritischere Stimmen fanden das Baummotiv und den Zirkel nicht originell genug und monierten, dass die Inschrift durch den Baum zerschnitten werde. Doch die Entscheidung war gefallen, pünktlich zum 100-Jahr-Jubiläum der ETH Zürich im Jahr 1955 konnte die neue Silbermedaille verliehen werden.

Links:

Medaillensammlung der Archive & Nachlässe der ETH-Bibliothek, recherchierbar im Wissensportal der ETH-Bibliothek sowie in der Archivdatenbank online. Die Medaillensammlung umfasst auch einige der 1933-1935 abgelehnten Gipsmodelle.

Protokolle des Schweizerischen Schulrates, recherchierbar in Schulratsprotokolle online

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